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Zarina - Dunkle Künste

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Zarina - Dunkle Künste Empty Zarina - Dunkle Künste

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:05 am

Hallo,

ich schreibe schon eine geraume Zeit an dem Buch. Es ist auch das erste Buch, wo ich weiß, was genau passieren soll. Ein zweiter bzw. dritter Band ist auch in Planung.
Verlegen lassen werde ich es aber wahrscheinlich nicht Smile Höchstens, wenn tatsächlich Interesse besteht.....
Eine Frage habe ich noch:
Wenn ihr es gelesen habt - findet ihr, mit dem Thema könnte man auch ein Rollenspiel starten?
Natürlich mit andren Charakteren...

Liebe Grüße!
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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:05 am

ist 188!
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Zarina - Dunkle Künste Empty Prolog

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:06 am

Morgens wurde sie von den Sonnenstrahlen geweckt. Sie gähnte und stand auf. Er schlief noch. Sie ver-schwand ins Bad und nahm eine heiße Dusche. Gera-de, als sie die Kabine verließ, kam er zur Tür rein.
„Morgen!“
„Morgen.“ Sie trocknete sich ab. Er beobachtete sie.
„Hast du was von ihnen gehört?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich bin mir sicher, dass heute alles klappt.“ Er lachte. „Auf deine Intuition verlass ich mich nicht so gerne, auch wenn du meistens richtig liegst.“ Ohne ein weiteres Wort verließ sie das Bad und zog sich an. Ihre Tochter war schon in der Schu-le.
Seufzend las sie die Zeitung beim Frühstück.
„Was ist?“ Er setzte sich an den Tisch. „Ich hoffe, dass sie alles fertig haben.“ Er nickte. „Mir kommt es nicht ganz fair vor. Du lässt sie alleine mit einem Mann, der noch nicht mal mit ihr verwandt ist.“, meinte er. Sie hob langsam den Kopf. „Sie wird nie ganz alleine sein, denk daran! Es ist immer jemand in ihrer Nähe.“ Sie stand auf und ging zur Tür nach oben. „Aber ich werde dich sehr vermissen!“, sagte er leise. Sie blieb stehen und sah ihn nachdenklich an.
„Du hast so viel für uns getan, dafür werde ich dir immer dankbar sein.“ Er nickte, aber kurz darauf sprach er weiter. „Aber Anwesenheit ist etwas anderes als Dankbarkeit.“ Sie drehte sich wortlos um und küsste ihn auf die Stirn. „Aber Dankbarkeit kommt von Herzen.“, flüsterte sie und dann verließ sie das Zimmer. Er hörte, wie sie oben packte. Er hingegen würde von nun an lügen müssen. Aber für sie tat er das gern. Er stand auf und ging ihr helfen.
Später standen sie wortlos voreinander und schwie-gen. Er deutete auf die Uhr.
„Du musst los.“ Sie nickte, ihr fiel es schwer zu ge-hen. Dann umarmte sie ihn lange und er hielt sie fest. Ihr kamen die Tränen.
„Pass auf sie gut auf. Eines Tages sehen wir uns wie-der, versprochen! Aber wir müssen es so machen, sonst können wir unsere Aufgabe nie erfüllen!“ Er nickte.
„Ich weiß.“
„Und du musst sie darauf vorbereiten, sie wird später eine große Last zu tragen haben. In ihr spielen zwei Mächte, vergiss das nicht.“, fuhr sie fort, woraufhin er wieder nickte.
„Geh jetzt!“, befahl er leise und schob sie von sich weg. Sie ging rückwärts los und blickte ihm in die Au-gen. Er zwinkerte ihr zu und hob die Hand zum tra-ditionellen Abschied. Er sah sie lächeln, dann erwie-derte sie den Gruß. „Gehe deinen Weg und komme wieder.“, flüsterte er.
Er sah, wie sich ihre Lippen bewegten. Er wusste, was sie sagte. Und als sie aus seinem Blickfeld ver-schwand, wurde ihm etwas bewusst:
Ab diesem Tag würde der Kampf beginnen.
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 1. Kapitel - (Anmerkung: Marina = Michelle)

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:09 am

Ich wurde von den Sonnenstrahlen geweckt und sah zum Fenster. Montag. Schon am bloßen Gedanken drehte sich mir der Magen um. Mit Montag verband ich nichts Schönes: Schule. Okay, das hatte ich an fünf Tagen in der Woche, also nichts Besonderes. Doch Montag war der erste Tag einer Schulwoche.
Wir hatten heute die ersten und beiden Stunden frei, weil unser Mathelehrer nicht da war. Der mit den ko-mischen Haaren, immer geschniegelt und glatt, abso-luter, von mir unnachvollziehbar, Mädchenschwarm an der Schule, der mich immer als Verrückte abtat, nur weil ich mit dem Schulgespenst reden konnte. Er hatte mich ertappt, wie ich mich mit ihm unterhielt, und hatte seine Schlüsse gezogen. Vermutlich dachte er jetzt, ich sei geistig gestört oder so.
Ja gut, da mochte er recht haben. Vielleicht war ich wirklich verrückt.
Außerdem war Montag eine Doppelstunde Franzö-sisch, was sich jedes Mal als reinste Katastrophe bei mir herausstellte. Ich konnte, wenn ich wollte, flie-ßend Französisch sprechen, ebenso Englisch und Spanisch, aber in der Schule war es einfach nur der reine Horror. Unsere „Madame“ hatte mich nach ganz hinten gesetzt, damit die anderen nicht von mir be-einflusst wurden. Was totaler Schwachsinn war, denn ich redete nie im Unterricht, außer wenn ich dran war. Abgesehen von kleinen Unterhaltungen im Flüsterton, aber das machte doch jeder.
Das ich wirklich etwas sagen durfte, war eine Selten-heit, und deshalb meldete ich mich meistens auch gar nicht erst.
Abgesehen davon sah mein Zeugnis wirklich gut aus. Einsen überwogen deutlich, wenn man von der drei in Französisch absah. Madame hatte mir schon oft eine fünf geben wollen, doch da ich antworten konnte, wenn man mich dran nahm und in allen Arbeiten ausnahmslos Einsen schrieb, würde das ei-nem recht seltsam vorkommen.
Vermutlich würde das sogar mein minderbemittelter Klassenkamerad Jonas merken, der stets nur auf sei-nem Stuhl hockte und gähnte. Dann war da noch Physik. Und das war ein Fach, wo ich auf glatter Eins stand, ebenso wie in Chemie. Aber auch nur, weil unsere Physiklehrerin durchgeknallt war und mich als Seelenverwandte betrachtete. Einmal im Unter-richt melden, die Arbeit mindestens gut schreiben und den Rest erledigte sie.
Ich zitiere: „Ja, Angie, du hast dich immer gemeldet, korrekte Antworten gegeben, in den Arbeiten warst du auch immer sehr gut (ich hatte eine Arbeit mit drei und die andere mit zwei geschrieben), also gibt das eine Eins auf dem Zeugnis". Ich will mich nicht be-klagen, aber Lieblingsschüler zu sein hat so seine Nachteile. Die Lehrer wollen einem einen Gefallen tun und denken, dass wir sie anbeten. „Angie, möchtest du gerne die Tafel putzen? Holst du bitte meine Ta-sche? Bringst du mir das Klassenbuch?“ Igitt, sie schleimen ohne Ende und führten sich wie Babys auf.
Dann hatte Montag auch was Positives: Englisch und Sport. Ich liebte beide Fächer und meine Noten waren entsprechend. Die Teilnoten schwankten immer zwi-schen 1 und 2, aber ich schaffte es am Ende des Schuljahres immer auf eine Eins.
Ich quälte mich aus dem Bett und öffnete mein Fens-ter. Ich hatte noch eine ganze Stunde, bis ich das Haus verlassen musste, um den Bus zu erwischen. Mit einem Gähnen schlurfte ich ins Bad und kniff meine Augen zusammen, um besser sehen zu kön-nen.
Als ich im Bad fertig war, eilte ich, endlich wacher, in mein Zimmer um mich anzuziehen.
Kurz darauf saß ich bei meinem Vater beim Früh-stückstisch und futterte ein Brot nach dem anderen.
„Mich wundert es, dass du so viel essen kannst, aber nicht die Bohne zunimmt.“, bemerkte er. Ich schmier-te mir mein viertes.
„Das kommt mit dem Alter.“
Er lachte.
Was war daran jetzt so witzig?
„Scherzkeks.“
Ich sah ihn verständnislos an.
„Ich? Ein Scherzkeks? Ich bin der Ernst in Person, Papa!“ Er nickte. „Natürlich.“ Ich spielte beleidigt und stopfte mir mein Brot in den Mund. Er stand auf und legte die Zeitung weg. „Ich muss los. Machs gut und viel Spaß in der Schule!“ Ich streckte ihm die Zunge raus. „Natürlich! Immer doch!“
Dann machte ich mich mit vollem Mund auf zum Zähne putzen. Während ich vor dem Spiegel stand und kaute, legte ich, so gut es eben ging, Mascara und Lidschatten auf.
Als ich endlich Zähne putzen konnte, hatte ich noch 5 Minuten zur Busabfahrt. Also entschied ich mich für ein Zwei-Minuten-Putzen und zog mich in Re-kordzeit an. Ebenfalls in Rekordzeit verließ ich dann unser Haus und legte den Weg zur Haltestelle in drei Minuten zurück. Keuchend kam ich am Bus an und musste dafür auch noch einen dummen Spruch vom Busfahrer kassieren. „Na, Morgengymnastik?“
Ich antwortete gar nichts sondern stellte mich, auf-grund kaputter und besetzter Sitzplätze, hin und beruhigte meinen Atem.
In der Schule stand ich, wie sonst auch, alleine drei Meter weit weg von den anderen und musste mich außerdem noch den Hänseleien von wegen „Lieb-lingsschüler“ anhören. Das war aber Standard, des-halb wunderte es mich auch nicht mehr (Das Spiel endete erst in der letzten Stunde, wenn sie sich auf den Nachmittag freuten). In Französisch lief es wie üblich. Madame nahm mich kein Mal dran, wenn ich mich meldete, und erst als ich mich aus Frust nicht meldete, war ich natürlich dran. Es ging um Gram-matik.
„Angie?“ Ich hob ruckartig den Kopf. „Ja?“
„Beantworte mir die Frage!“ Ich musste gar nicht nachdenken, sondern gab die Antwort und erläuterte sie kurz. Sie hob eine Augenbraue und sah mich nachdenklich an.
„Wozu ist Schule da?“ Ich runzelte die Stirn.
„Zum Lernen.“ Sie ging auf mich zu.

„Und warum arbeitest du dann vor? Dann brauchst du auch nicht zur Schule zu kommen!“
Das war Gemeinheit hoch sechs. Sie wusste genau, dass ich von klein auf viele Sprachen gelernt hatte. Aber schluckte ich meinen Ärger runter und sah auf meinen Tisch. Sie tauchte plötzlich vor mir auf.
„Was sagt man dann?“
Ich sah ihr fest in die Augen.
„Ich weiß nicht?“ Ganz sicher ließ ich mich nicht ein-schüchtern. Sie schlug auf den Tisch.
„Entschuldigung selbstverständlich! Du übersetzt zu Hause den allerletzten Text im Buch!“ Jeder andere Schüler hätte nicht die Hälfte vom Text gewusst. Sie ließ mich alleine. Die Clique von Marina lachte sich leise halb tot. Ich zog ihnen eine Grimasse.
„Ihr könnt es nicht besser, ihr Küken!“, zischte ich ihr zu. Zum Glück hörte Madame es nicht.
Physik lief nach dem typischen Muster ab. Während Frau Kleinbücher alle zur Schnecke machte, die nicht die Hausaufgaben hatten, langweilte ich mich zu To-de. Auch ich hatte zwar die Aufgaben vergessen, aber wie immer tat sie es mit einem „Das kann doch mal passieren!“, ab. Was mich natürlich erneut zur abso-luten Hassfigur von Marina machte. Die sah bereits mit bösem Gesicht zu mir rüber als wollte sie sagen: „Na warte, da reden wir noch mal drüber!“
Ich verdrehte die Augen und sah weiter nach vorne, wo sich Frau Kleinbücher jetzt mit ihren 2000 Pfund hin stellte und anfing zur reden. Das Geheimnis des Nichtdrankommens war, zu lächeln, nicken und einmal pro Stunde zu melden. Auch diese Stunde funktionierte die Technik.
Danach hatten wir Englisch. Und dort mochte mich der Lehrer, oft unterhielten wir uns lange auf Eng-lisch. Manchmal versuchten einige, mitzureden, aber oft musste auch ich nachfragen, denn Englisch war seine Muttersprache, und dementsprechend sprach er es auch.
Nach der Begrüßung (wo er immer so tat, als wollte er einschlafen) sah er uns erwartungsvoll an.
„Heute machen wir keinen richtigen Unterricht.“ Wir sahen ihn gespannt an. Kein Unterricht?
„Sondern die Prüfungen!“, lachte er.
Wir seufzten. Wäre ja auch zu schön gewesen.
„Ihr werdet euch 10 Minuten mit mir unterhalten. Dann gibt es eine Note dafür, die fünfzig Prozent der Note ausmacht.“
Ein Raunen ging durch die Klasse. Da würden eini-ge Noten rabiat in den Keller steigen. Er fuhr fort.
„Wir gehen der Klassenliste nach. Also...Inês, du fängst an.“ Oh je. Inês war die kleinste, und sie kam aus Portugal. Sie konnte noch nicht einmal richtig Deutsch. Sie sah sehr unglücklich aus, als sie schon vor die Tür trat. Er gab uns noch eine Aufgabe und ging ebenfalls vor die Tür. Ich sah mir den Arbeits-auftrag an.
„Na, Vampir, greifst du dir wieder die eins?“, fragte Marina gehässig. Augenblicklich war es leise. Ich drehte mich langsam zu ihr um.
„Du bist doch nur neidisch, Blondi.“ Sie lachte.
„Ich? Auf dich? Lieber schlechte Noten als Lehrerlieb-ling. Außerdem bin ich genauso gut wie du.“ Ich sah sie wütend an. Dafür konnte ich doch nichts. Ich stieg auf Englisch um. Mal sehen wie sie reagierte.
„Really? And your english mark? You´re really stu-pid and silly, I bet, you couldn´t unterstand a-nything!“ Sie sah mich verdutzt an.
„Was?“
Ich drehte mich wieder um.
„Damit wäre das wohl geregelt.“ Sie sagte nichts mehr, und die anderen teilten sich in zwei Gruppen auf. Die einen grinsten von einem Ohr zum anderen, und die anderen sahen mich sauer an. Ich wandte mich meiner Aufgabe zu, bis ich dran war. Mit hoch erhobenem Kopf stolzierte ich aus dem Raum und zum Englischlehrer.
„So, Angie now?“ Ich nickte. „Yes.“ „Tell me about your holidays!“
Ich legte los, 10 Minuten. Schließlich unterbrach er mich. Schade, ich hätte noch fünf Minuten weiter re-den können.
„Angie, your english is very good, but we haven´t enogh time for a novel.“ Ich grinste und ging wieder zurück in die Klasse. Dort wurde Michelle herausge-rufen. Sie warf mir noch einen hasserfüllten Blick zu, bevor sie den Raum verließ.
Danach war Sport an der Reihe. Heute turnten wir, Boden. Ich konnte es, im Gegensatz zu Fußball, sehr gut. Es war mein Lieblingsthema. Am Ende des Schuljahres sollten wir eine Kür zeigen, zu zweit oder alleine. Ich hatte mich notgedrungen für die Kür al-leine entschieden.
Boden, Trampolin und auch Barren, alle Elemente mussten vorkommen. Heute mussten wir uns erst mal mit den Sicherheitsvorkehrungen bekannt ma-chen. Wir standen gelangweilt um unseren Sportleh-rer herum, der uns gerade erzählte, dass immer acht Leute am Trampolin zur Sicherheit stehen mussten. Oder waren es vier? Irgendwas, was man durch zwei teilen konnte. Gut, da gab es viele Zahlen, aber was hatte er nur gesagt...“Angie!“ Ich schreckte hoch. „W..was?“ Der Sportlehrer sah mich amüsiert an.
„Was habe ich eben gesagt?“
So ein Mist, immer wenn ich einmal nicht aufpasste. Während ich krampfhaft versuchte, mich zu erin-nern, streckte Michelle mir natürlich die Zunge raus. Ich zog eine Grimasse, während der Lehrer mich in Ruhe lies und fortfuhr.
Kurz darauf turnten wir, auf jeden Fall die meisten, auf den aufgebauten Stationen. Ich hatte mir den Boden rausgepickt und das hintere Ende beschlag-nahmt- ich hatte dort meine Ruhe. Alles andere wäre nur schrecklich gewesen. Ich schlug einen Radschlag, Flickflack und nach einem erneuten Radschlag ging ich in den Handstand, streckte die Beide zum Spagat und kam irgendwie mit einem Sprung wieder zum Startpunkt.
„OH, schaut mal, Angelina gibt wieder an!“
Ich seufzte. Jetzt kam wieder die „Hach, Angelina ist ja so doof und ich so toll“- Show von Marina. Ent-schlossen wiederholte ich die Abfolge und ignorierte ihre spöttischen Bemerkungen. Sie ignorierte aber leider auch meine Ignoration und kommentierte jede Übung mit einer total überflüssigen Bemerkung. Selbst mein wirklich perfekter Radschlag mit Spagat bekam ein „Mann, das kann ich ja besser!“
Ich stand entnervt auf.
„Dann mach!“, fauchte ich sie an. Sie sah mich erschrocken an.
„Na los, oder traust du dich nicht?“
Sie sah mich kurz fassungslos an. Dann fasste sie sich wieder und ging langsam auf den Turnboden. Ich trat beiseite. Jetzt kam es drauf an. Marina schwieg. Ihre Clique stand am Rand und beobachtete mich wütend und aggressiv. Ich sah bewusst zu Ma-rina. Die hielt die Luft an und fing mit einem Rad-schlag an. Auch der Flickflack klappte. Leider. Sie ging in den Handstand... und knallte auf die Seite. Ich lächelte. Ihre Freundinnen rannten wie auf-geschreckte Hühner zu ihr und halfen ihr hoch. Ohne ein weiteres Wort ging ich zum Trampolin.
Als ich am Nachmittag aus der Schule heimkehrte, war mein Vater noch nicht zu Hause. Stattdessen lag dort ein Zettel: „Ich komme heute Abend, leider erst spät. Mach dir bitte selber was zu Essen.“ Ich seufzte auf. Immer dann, wenn man keine Lust zum Ko-chen hatte.
Ich nahm meinen Rucksack und setzte mich an den Tisch, um Hausaufgaben zu machen. Da klopfte es. Ich drehte mich überrascht auf meinem Stuhl um.
„Ja?“ Zu meiner großen Überraschung kam unser Schulgespenst ins Zimmer geflogen.
„Joshua!“, rief ich erfreut. „Was machst du denn hier?“ Joshua war ein kleiner Junge, der mit sieben Jahren verunglückt war, in der Schule selbstver-ständlich. Er sah mich gekränkt an.
„Wo warst du in der ersten Pause?“
Ich sah ihn verdutzt an.
„Was?“
Er setzte sich auf mein Bett.
„Wir waren verabredet!“ Ich versuchte krampfhaft, mich zu erinnern.
„Nein, morgen!“
Er sah mich irritiert an.
„Ehrlich?“
Ich nickte. Nun war ich mir sicher. „Ja, morgen.“
Er legte die Stirn in Falten. Vermutlich dachte er nach. „Oh.“ Er stand auf. „Oh.“
Ich lächelte. Er trat verlegen zum Fenster.
„Na gut. Aber morgen bestimmt?“
Ich nickte. „Ja.“
Er sah zufrieden aus.
„Bis dann!“

„ Was? Ins Internat?“ Ich konnte mich vor Entsetzen nicht einkriegen.
„Was soll ich in einem Internat?“ Mein Vater stand von seinem Sessel auf.
„ Angelina. Ich habe einen Anruf deiner Klassenleh-rerin bekommen. Sie meint, dass du mit deiner Klas-se, und den Lehrern, nicht zurechtkommst. Du wür-dest abgelehnt werden.“
Ich verdrehte die Augen.
„ Na und? Ich komme gut damit zurecht. Und au-ßerdem: wer jemanden auslacht, weil derjenige blass ist und eine ausgreifende Fantasie hat, ist eindeutig zu lange in der Sonne gewesen, und da ziehe ich meinen Teint eindeutig vor!“
„ Angelina, ich habe entschieden, dass dieses Internat der richtige Ort für dich ist. Du hast eine blühende Fantasie, ja, aber dort sind alle so. Du wirst dort viel besser zurechtkommen.“ Mein Vater setzte sich wieder in seinen Sessel und griff die Zeitung. Er wollte das Thema nicht weiter zur Debatte stellen.
Sauer rannte ich in mein Zimmer. Ich fantasierte doch nicht. Ich dachte halt viel. Und ich würde sich nie ausreden lassen, dass es Vampire gab. Und Geis-ter. Schließlich sah ich auch welche. Und Joshua war doch der lebende Beweis dafür, oder nicht?

Drei Wochen später saß ich neben ihrem Vater im Au-to und starrte demonstrativ aus dem Fenster. Vater seufzte.
„ Kannst du denn nicht wenigstens ein Wort sagen?“
Ich antwortete, ohne mich Vater zuzuwenden.
„ Wieso? Ihr haltet mich doch sowieso alle für ver-rückt.“
„ Nein, das stimmt nicht!“, widersprach mein Vater.
„ Und wieso muss ich dann dahin?“
„ Damit du nicht vor lauter Fantasie dir irgendwann Leute einbildest, verstehst du mich? Und Angie: diese Diskussion habe ich mit dir oft genug geführt. Du gehst dahin!“
Schmollend verschränkte ich meine Arme. Wieso glaubte mir keiner? Ich fantasierte nicht! Bestimmt nicht. Aber es wollte mir keiner glauben!
Das Internat lag auf einem kleinen Hügel. Es wurde von einem Wald umringt. Ich musste schlucken. Es war schon Abend. Und der Gedanke an ein Leben hier war mir nicht recht geheuer.
Wir parkten auf einem kleinen Parkplatz neben dem Hauptgebäude. Während mein Vater mein Gepäck aus dem Auto holte, wagte ich mich näher an das Schloss. Da ging die große Flügeltür auf und eine Frau kam auf uns zu.
„ Willkommen! Ich gehe recht in der Annahme, dass du Angelina bist? Ich bin hier die Leiterin. “, begrüßte sie mich und reichte mir die Hand.
„ Du siehst deiner Mutter erstaunlich ähnlich!“
Eh ich mit gerunzelter Stirn erwidern wollte, dass ich dazu nichts sagen könnte, da ich keinerlei Erinne-rungen an meine Mutter besaß (was natürlich erlo-gen war), kam mein Vater auch schon zu uns.
„ Ah, Sie sind gewiss Angelinas Vater. Kommen Sie doch bitte herein, das Gepäck können Sie drinnen einem der Hausmädchen geben.“ Wir folgten der jungen Frau ins Haus. Drinnen war es nicht halb so dunkel wie draußen. Die Halle wurde von Kerzen-leuchtern erhellt, die ein warmes und doch helles Licht ausstrahlten. An den Wänden hingen Gemälde. Ich mied die Blicke meines Vaters bewusst. Da drehte sich die Direktorin zu uns um. Hier im Licht erkannte man ihren blassen Teint gut, draußen hatte ich nicht darauf geachtet. „ Bitte stellen Sie das Gepäck hier ab und folgen Sie mir.“ Ich folgte ihr in einen Raum, vermutlich ihr Büro. Vor dem Fenster hingen dunkle Samtvorhänge und der Teppich war weich und dunkelrot. Der Schreibtisch von ihr sah aus wie ein Stück aus dem Mittelalter. Die junge Frau goss sich Tee ein.
„ Möchten Sie auch eine Tasse?“ Mein Vater bejahte. Ich schüttelte den Kopf. Ich hasste Tee.
„ Bitte lassen Sie uns Angelinas Daten überprüfen. Angelina, du bist 14 Jahre alt, kommst aus Virginia und du lebst bei deinem Vater weil...weil deine Mutter nicht für dich sorgen konnte?“
„ Ja, das stimmt alles“, seufzte ich. Es war besser, als zu behaupten, dass sie urplötzlich verschwunden war.
„ Gut, dann überprüfen Sie als Erziehungsberechtig-ter bitte dies hier.“ Sie hielt meinem Vater ein Formu-lar vor die Nase. Nachdem dann auch die Anmel-dung ausgefüllt war, lehnten sich die Erwachsenen zurück. Wahrscheinlich war mein Vater froh, dass er mich los war. „ Gut. Angelina, ich rufe jetzt eine dei-ner Kameradinnen, du wirst mit ihr ein Zimmer im oberen Flur beziehen. Und mit Ihnen möchte ich noch kurz sprechen, verabschieden können Sie sich dann hinterher.“ Die Direktorin stand auf und verließ das Zimmer kurz. Keiner sprach ein Wort. Ich besah mir die Bilder an den Wänden und wich dem Blick mei-nes Vaters gezielt aus.
„Angie, ich möchte nicht dass wir im Streit ausein-ander gehen.“
„ Dann nimm mich wieder zurück!“, giftete ich.
„ Das geht nicht. Glaub mir, ein Jahr hier wird dir gut tun!“
„ Ein Jahr. Ich mach keine Macken, aber nach einem Jahr holst du mich wieder zurück. Versprochen?“
Mein Vater seufzte. „ Versprochen.“
Da trat die Direx mit einer groß gewachsenen Schüle-rin ein. „ Angelina, das ist Niju, sie ist deine Zim-mergenossin. Niju, bitte zeige ihr das Gebäude. Aber nicht mehr nach draußen, okay?“ „ Ja, verstanden. Komm Angelina!“
Ich stand auf und folgte dem Mädchen ohne meinen Vater weiter zu würdigen.
Niju führte mich durch die Gänge. Auch sie war sehr blass. „ Isst du gerne?“ Ich dachte nach. Meinte sie das ernst?
„ Ja, eigentlich schon.“, sagte ich dann vorsichtig.
„ Gut, dann zeige ich dir als erstes den Esssaal. Hier entlang!“
Wir gingen an mehreren Zimmern vorbei. Drinnen war meistens großes Gelächter zu hören.
„ Keine Angst, unser Zimmer ist sehr weit oben. Ganz oben wohnen allerdings keine Schüler. Nur die Direx und ein paar Hausgeister. Freunde dich mit ih-nen an, manchmal helfen sie dir auch bei Hausauf-gaben oder so. Ich kann sie leider nicht sehen, aber hören. So, hier ist es!“
Niju öffnete eine große Flügeltür. Langsam aber si-cher weckte sie mein Interesse. Innen standen mehrere Tische, meistens zu 8 Plätzen.
„ Da vorne sitzen die Lehrer. Manche kommen aber auch nur zum Unterricht hierher“, erklärte Niju. „ Und Essen gibt es natürlich dreimal am Tag.“ Ich ging ein bisschen durch die Reihen. Das alles erin-nerte mich an die große Halle in Hogwarts oder an den Film Hanni und Nanni, genauso sah der Saal aus.
„ Was sind das für Bilder an der Wand?“, fragte ich. „ Das sind frühere Könige und Königinnen. Den Jah-reszahlen nach geordnet.“ „ Aha. Wollen wir weiter?“
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 2. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:10 am

2. Kapitel
„ Was möchtest du als nächstes sehen?“, fragte Niju. Ich überlegte kurz und ging alle Internatsbücher durch, die ich kannte.
„ Habt ihr Gemeinschaftsräume oder so was?“, fragte ich. Niju nickte.
„ Ja, jeder Jahrgang hat einen. Der Raum der 8. Klasse liegt oben, dann je kleiner desto tiefer liegen die Räume. Wir sind ja in der 4. Klasse, unserer ist ge-nau in der Mitte. Wir sind aber auch das einzige Viertklässlerzimmer oben, sonst sind dort nur Acht-klässler, die dieses Jahr abgehen. Der Vorteil ist, dass keiner dran denkt und wir solange aufbleiben kön-nen wie die Großen. Die sind richtig nett, keine Angst!“, sagte sie rasch, als sie mein entsetztes Ge-sicht sah.
„ So, hier wären wir.“ Sie stieß die Tür auf.
Drinnen saßen lauter Jungs und Mädchen die rede-ten, Musik hörten, Spiele spielten und lachten. Doch jetzt verstummten alle und wandten sich mir und Niju zu.
„ Das hier ist Angie, sie ist neu. Sie wird in unsere Klasse kommen!“ Ein Mädchen ergriff das Wort.
„ Hallo! Herzlich Willkommen bei uns- und keine Angst, wir sind nicht schlimm, wir tun nur so!“
„ Na, da bin ich aber froh...“
Doch ich wurde von Niju unterbrochen. „ Wir müssen weiter. Bis nachher!“
Draußen war ich sehr still. Der Auftritt hatte mich schon ein wenig eingeschüchtert. „ Sie sind nicht immer so. Nur heute haben wir erfahren, dass wir in Zukunft auch abends raus dürfen, bis 10. Vorher durften wir nur bis 7 Uhr.“
„ Aha. Können wir unser Zimmer als nächstes besu-chen?“ „ Na klar! Aber danach müssen wir zum A-bendessen gehen.“ Wir stiegen Treppen hoch. Je höher wir waren, desto leiser war es auch. „ Die Großen müs-sen jetzt schon mächtig viel lernen. Dabei geht das Jahr gerade erst los!“, erläuterte Niju leise.
„ Die Armen!“, flüsterte ich zurück. „ Ja, aber sie ma-chen auch viel draußen. Also kippen die meisten nicht um. Hier, das ist es!“ Niju öffnete eine Tür am Ende des Flures. „ Tataaa! Unser eigenes Reich!“ Das Zimmer war mit 2 Fenstern ausgestattet, ebenso viele Schränke und Betten standen dort. Direkt unter ei-nem Fenster stand ein Schreibtisch. Außerdem gab es eine kleine Sitzecke mit einem kleinen Tisch und einen Laptop, vermutlich von Niju, der stand auf ih-rem Bett. Niju folgte meinem Blick.
„ Du kannst ihn gern auch benutzen, das Passwort lautet Blümchen.“ Ich drehte mich überrascht zu ihr um.
„ Kannst du Gedanken lesen?“
„ Ein bisschen.“
„ Das ist bestimmt praktisch. Ich habe keine besondere Fähigkeit.“
„ Doch, musst du haben. Sonst wärst du nicht von der Direx aufgenommen worden!“
„Wieso? Nehmt ihr nur Leute auf, die besondere Fä-higkeiten haben?“ „ Ja. Aber im Internet steht, dass hier Kinder mit besonderer Fantasie behandelt werden bzw. hier sind sie unter ihresgleichen.“ „ Aha.“
Ich versank in Gedanken an meine Mutter. Unten hatte ich ein Bild gesehen, das mir recht ähnlich sah. „ Komm, gehen wir zum Essen.“ Wir machten sich auf den Weg zum Esssaal. Unterwegs trafen wir auf mehrere Schülergruppen. Alle auf dem Weg zum Es-sen.
Im Esssaal besah ich mir die Bilder genauer. Ich wusste nicht genau nach was ich suchte, aber schließ-lich suchte ich nach meinen Augen. Und tatsächlich- ich fand sie. Ein hinteres, neueres Portrait zeigte eine junge Dame. Sie war das Ebenbild von meiner Mut-ter. Ich starrte wie gebannt darauf. Niju bemerkte es natürlich.
„ Das ist Katara, eine Königin der Neuzeit, aber sie ist mit ihrem Freund durchgebrannt.“
Ich dachte nach und wühlte in meinem Kopf nach Erinnerungen an ihre Mutter. Ich wusste nur noch, dass sie eines Tages aufgestanden war und einkau-fen ging. Sie kam nicht zurück. Aber sie fanden selbst ihre Leiche nicht. Die Verkäuferin im Laden hatte es so der Polizei erzählt: sie hatte das Geld an-genommen, die Kundin hatte den Laden verlassen. Mehr hatte ich nicht von ihr mitbekommen. Aber hieß sie wirklich Katara? Mein Vater hatte immer Katari-na gesagt, von Katara war nie eine Rede gewesen. Ich beschloss, meinen Vater nach ihrem Namen auszu-fragen. Aber hier schien ich an der Quelle zu sitzen, die Rektorin schien meinen Vater ja zu kennen.
Nach dem Essen war es Zeit für mich, Abschied zu nehmen. Er wartete in der Halle. Ich warf mich in seine Arme.
„ Ich nehme alles zurück, hier ist es nicht so doof.“ Mein Vater drückte mich. Dann sagte er ernst: „ Pass auf dich auf und halte die Augen offen!“ Ich nickte. Und fragte natürlich nicht nach meiner Mutter.
Nachdem mein Vater gegangen war, lief ich zu Niju. Sie saß im Zimmer und schrieb am Computer. „ Hal-lo Angie!“ Ich fing an meine Koffer auszupacken.
„ Was schreibst du da?“, fragte ich sie.
„ Ich schreibe einen Aufsatz für Deutsch.“
„ Am Computer?“, hakte ich nach. Durfte man das denn?
„ Nachher schreibe ich ihn ab. Nur wegen der Recht-schreibung. Guter Trick, oder?“
Ich lachte. „ Den muss ich mir merken.“ Ich dachte kurz nach. „ Kannst du mir vielleicht etwas über die-se Katara erzählen?“
Niju schaute auf. „ So etwas was interessiert dich? Na, wenn du meinst...also viel gibt es über sie aber nicht zu sagen, sie ist als Prinzessin aufgewachsen und ist mit ihrem Freund abgedüst, nach Deutsch-land oder so. Hat ihren Eltern gar nicht gefallen. A-ber sie ist nie wiederaufgetaucht. Man weiß nichts über sie.“
Ich packte weiter aus. „ Aha.“
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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:11 am

3. Kapitel
Am meisten Angst hatte ich vor dem Unterricht. Ich hatte die ganze Nacht wach gelegen und nachge-dacht. Wie waren die Lehrer? Die Klasse?
Da klingelte auch schon Nijus Wecker. Ich stand auf und suchte meine Klamotten zusammen. Dann ver-schwand ich im anliegenden Bad. Im oberen Flur hat-ten alle Zimmer ein eigenes Bad. Schnell war ich fer-tig geduscht und zog mich an. Ich griff zur Bürste und kämmte mein langes, dunkelbraunes Haar. Schließlich griff ich zum Mascara und Lidschatten. Anschließend tupfte ich etwas Lipgloss auf meine Lippen. Als ich aus dem Bad kam, stieg Niju gerade aus dem Bett und gähnte. „ Mann, Angie! Sag nicht, du bist ein Frühaufsteher!“
Ich lachte vergnügt. „ Nein, eigentlich nicht, aber ich bin aufgeregt!“
Niju lächelte. „ Brauchst nicht sein. Ist alles total harmlos. Und für dich erst recht.“ Dann stand auch sie richtig auf und ging an mir vorbei ins Bad.
„ Du kannst schon mal nach unten gehen, Angie! Brauchst nicht warten!“
Doch ich schüttelte den Kopf. „ Nein, ich verlaufe mich total schnell!“
„ Ach was. Aber okay. Und nachher zeig ich dir noch was!“
Als wir in den Esssaal eintraten, roch ich schon den Duft frischer Brötchen und Kakao. Niju steuerte ei-nen Tisch an. Dort saß schon ein Junge.
„ Der beliebteste Junge an der ganzen Schule, single! Und in einer Klasse über uns!“, flüsterte sie mir ins Ohr.
„ Hi! Können wir uns zu dir setzen?“, fragte sie ihn.
„ Klar Niju, du doch immer. Wen hast du uns denn da mitgebracht?“, fragte er.
„ Das ist Angie, sie ist gestern angekommen!“ Selber vorstellen durfte ich wohl nicht
„ Hi..“ Ich setzte mich an den Tisch und suchte das Portrait von Katara. Es sah so aus wie gestern Abend. Aber ich hatte das Gefühl, dass es mich ganz be-stimmt ansah und mir mit den Augen folgte... „...wie alt bist du? Hey, Träumerin!“ Ich fuhr herum. Pein-lich.
„ Wie? Was ist?“ Ich errötete. Reden konnte ich wohl auch nicht mehr. Der Junge lachte. Mir fielen seine Haare auf.
„ Ich habe dich gefragt wie alt du bist!“
„ Äm, 14. Und du? Und wie heißt du?“
„ Nico, und ich bin 15.“
„ Aha. Und wo kommst du her?“
„ Ich komm hier aus der Gegend. Ich könnte auch zu Hause wohnen und zum Unterricht hierhin gehen, aber ich muss hier auch wohnen. Und du bist neu, sagst du? Wie ist es für dich so?“
„ Neu!“, grinste ich. Nico verdrehte die Augen und sah auf die Uhr.
„ Hey, ich muss los. Sehen wir uns beim Mittages-sen?“
„ Logo!“ Dann ging er.
„ Mensch, Angie! So etwas habe ich dir gar nicht zu-getraut!“, bewunderte mich Niju.
„ Was? Ich hab doch gar nichts gemacht!“
„ Er redet sonst nie mit Mädchen!“
„ Echt? Kann ich mir nicht vorstellen...“ Ich sah in die Richtung in die er verschwunden war.
Niju stand auf. „Ein Gespräch mit ihm wünschen sich alle!“
Ich nickte geistesabwesend. „Aha...“

Die erste Stunde war Musik. Wunderbar, das konnte ich gut. Die Lehrerin war jung. Sie hatte sanfte, braune Augen und ein nettes Lächeln. Nach der Be-grüßung sah sie mich direkt an.
„ Du bist neu. Wie heißt du?“
„Angelina.“
„Herzlich Willkommen! Hast du dich schon etwas eingelebt?“
Ich nickte. „ Ja!“
„ Sehr gut. Ich möchte gerne wissen, wie weit du bist. Schreib einfach ein paar Akkorde auf.“ Sie gab mir einen Zettel.

1. B-Dur übermäßig.
2. D-Moll vermindert
3. Des-Dur
4. D7

Ich füllte alles schnell aus. So weit waren wir schon gewesen. Die Lehrerin sah die Akkorde an.
„Sehr gut. Möchtest du auch den Test nächste Woche mitschreiben? Er ist über dieses Thema.“
Ich nickte zögerlich.
„Ja, ich werde es versuchen.“
Die Lehrerin nickte und der Unterricht begann.
Die nächste Stunde lief nicht besonders. Der Physik-lehrer quasselte ununterbrochen und nahm mich nicht zur Kenntnis. Obwohl ich eigentlich nichts da-gegen hatte, behagte es mir nicht so besonders. Als Niju sich meldete und ihm sagte, dass ich neu sei, nickte er mir zu und forderte mich auf, weiter mitzu-schreiben. Ich nahm mir vor, bei diesem Lehrer nur dazusitzen und sich zu melden, mehr musste man nicht tun. Drannehmen tat er nicht.
Danach hatten wir Mathe. Das Fach wurde von einer strengen, aber doch netten Lehrerin unterrichtet, die mich gleich begrüßte und in ihren Unterricht ein-wies.
Nach dem Unterricht fragte Niju, ob sie mich kurz alleine lassen könnte. Ich bejahte und Niju ver-schwand.
Beim Mittagessen trat ich zu dem Tisch, an dem die-ser Nico saß.
„Hallo Nico!“ Nico sah hoch.
„Hallo Angie! Setz dich doch!“ Ich lächelte und setzte mich ihm gegenüber.
„ Wie war der Unterricht?“, erkundigte er sich bei mir. Ich lachte.
„ Unterschiedlich.“
Nico lachte ebenfalls. Es war ein freundliches, war-mes Lachen.
„Okay, meiner war eher einseitig. Aber mach dir kei-ne Sorgen, das kriegst du auch noch.“ Er lächelte mich an. Ich bekam so ein seltsames Gefühl im Ma-gen. Doch ich lächelte zurück und schon mir eine Ga-bel Nudeln in den Mund. Nico hatte eisblaue Augen, die mir total faszinierten. Nico erwiderte meinen Blick. Es war perfekt. So perfekt, dass mir die Nudeln von der Gabel rutschten- und das machte diesen ma-gischen Moment auch schon kaputt. Nico lachte leise. Ich errötete und aß weiter.
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 4. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:12 am

4. Kapitel
Am Abend saß ich alleine auf ihrem Zimmer. Niju nutzte das neue Schulgesetz und trieb sich mit Freunden draußen rum. Ich saß am Laptop und schrieb eine E-Mail an meinen Vater.

Hallo Papa!
Mir geht es hier sehr gut. Ich habe mich gut eingelebt und schon Freunde gefunden. Einmal Niju, sie ist meine Zimmergenossin. Und dann gibt es noch Ni-co.
Ich kann hier, glaube ich, auch ein Jahr länger blei-ben. Wie geht es dir zuhause? Grüß bitte Maria und sag ihr, dass ich das letzte Mal den Kuchen geklaut habe. Und streichel alle Pferde, Hunde und Katzen von mir! Sind Janas Jungen schon da?
Ich werde morgen die Gegend erkunden. Ich verspreche dir, dass ich keinen Mist mache.
Ach und bevor ich es vergesse: Wie hast du Mama immer genannt?
10 Millionen Küsse,
Angie ♥

Gerade als ich auf Senden klickte, klopfte es an der Tür. „Ja?“ Ich klappte den Laptop zu und sah erwar-tungsvoll zur Tür. Da trat Nico ein. „ Hi, Angie! Ich wollte fragen, ob du noch mit ins Café kommst!“ Er sah mich erwartungsvoll an.
Ich runzelte die Stirn. „ Jetzt noch? Es ist schon halb acht! Wie weit ist das Café denn weg?“
Nico wiegte den Kopf. „ Fünfzehn Minuten. Aber wir dürfen ja auch bis zehn.“
Ich überlegte. Dann stand ich auf und zog meine Schuhe an.
„ Okay.“ Ich wollte mein Geld aus der Tasche holen, aber Nico hielt meinen Arm zurück.
„ Lass stecken, ich lade dich ein.“ Er hielt mir die Tür auf. Ich bedankte mich mit einem Lächeln und nahm meine Jacke, bevor ich das Zimmer verließ. Nico lief schweigend neben mir. Unten am Portal übernahm er die Führung.
„ Wollen wir den Bus nehmen oder laufen? Nachher könnte es im Wald ziemlich dunkel sein.“ Ich über-legte. Ich hasste die Dunkelheit .
„ Wir laufen. Ich habe ja dich neben mir!“ Nico lachte und bot mir den Arm an. Ich hakte mich ein. Zu-sammen gingen wir immer weiter vom Schloss weg.
Das Café war im nahe liegenden Dorf. Ich trank eine Limo, während Nico eine Cola vor sich stehen hatte. Er erzählte mir vom Internat.
„ Es soll angeblich früher mal eine Herberge für Vam-pire gewesen sein. Aber heutzutage glaubt das leider keiner mehr. Es geht das Gerücht herum, dass der di-rekte Vorfahr der Direktorin Dracula war. Alle Könige und Königinnen auf den Portraits sollen angeblich Vampire sein. Und irgendwann hat ein Verrückter halt aus dem Schloss eine Vampirherberge gemacht. Es sollen sich heute noch Aufzeichnungen aus der Zeit in der verbotenen Bibliothek geben, aber wie ge-sagt, sie ist für uns verboten. Wir dürfen sie nicht betreten. Natürlich haben es einige versucht, hinein zu kommen, aber die Geister haben davon Wind be-kommen und haben sie vertrieben.“
Er trank einen Schluck. „ Meine Vorfahren sind laut der Direx Elfen, aber ich glaube da nicht wirklich dran. Ich bin auch nur hier, weil meine Eltern kein besseres gefunden haben.“
Er schwieg und ich wusste, dass er fertig war.
„ Ich weiß es bei mir nicht. Ich glaube, dass ich ein-fach ein ganz normales Mädchen bin. Ohne irgend-welche besonderen Vorfahren.“ Ich trank ebenfalls.
Nico sah mich nachdenklich an. „ Ohne wärst du nicht hier, Angie. Das ist Quatsch.“
Ich hob die Brauen. „ Willst du damit sagen, dass ich irgendwelche besonderen Vorfahren habe, von denen mir nie jemand etwas erzählt hat?“, fragte ich ver-wundert. „Mein Vater hat mir noch nie etwas vorent-halten. Was ich wissen muss, sagt er mir“, doch als ich es aussprach, wusste ich, dass es nicht stimmte. Nico merkte das natürlich sofort.
„Weißt du, du erinnerst mich an diese Katara. Du siehst ihr sehr ähnlich.“ Ich verschluckte mich an meiner Limo und fing an, kräftig zu husten. Nico sprang auf und klopfte mir kräftig auf den Rücken.
„Danke!“, sagte ich mit einem Krächzen, als das Schlimmste vorbei war. „Kein Problem!“, lächelte er. Mich durchfuhr ein angenehmer, warmer Schauer.
Als wir das Café verließen, war es schon neun. Ich hätte nicht gedacht, dass man so viel Zeit in einem Café verbringen konnte. Nico hielt mich an. „Bus o-der Laufen?“ Ich zögerte mit der Antwort. Einerseits konnte ich ihm näher kommen, wenn wir liefen. Aber es war sehr duster. Und ich hatte keine Ahnung, was sich im Wald alles verstecken konnte.
„Laufen“, entschied ich. Nico hob grinsend eine Au-genbraue. „Okay.“ Wir liefen schweigend los. Ir-gendwann hakte ich mich ein, denn ganz wohl war mir im Wald nicht. Er löste meinen Arm und ergriff meine Hand. „Alles ist gut. Hier greift dich nichts an!“, beruhigte er mich. Er drückte meine Hand. Ich sah ihn wohl besser nicht an.
Am Schloss hielt er mich zurück. „Warte mal!“ Ich drehte mich zu ihm um. Was würde jetzt kommen? „Angie...Ich...“ Mein Puls war auf 180. Nico fluchte. „Verdammt. Also, ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, morgen mit Schwimmen zu kommen. Dann kannst du meine Freunde kennen lernen. Von mir aus kannst du Niju auch mitbringen.“ Ich fiel fast nach hinten weg. Er, Nico, fragte mich, Angie, ob ich mit Schwimmen kommen wollte.
„Ja gerne!“, ich schenkte ihm mein strahlendstes Lä-cheln. Er schien erleichtert. „Gut, dann bis morgen. Wir treffen uns um 11 Uhr hier.“ Damit war er ver-schwunden.
Ich rannte schnell ins Schloss, in unser Zimmer.
„Niju! Wir haben morgen eine Verabredung!“, schrie ich begeistert, als ich ins Zimmer rannte. Diese sah verwirrt auf. „Wie bitte?“ Ich setzte mich.
„Mit Nico. Er hat uns zum Schwimmen eingeladen!“ Sie setzte sich auf. „Was? Uns? Nico?“ Ich nickte.
„Wow!“ Niju klang ehrlich erstaunt. Ich legte mich aufs Bett und schloss die Augen.
„Wann hat er dich denn eingeladen?“, fragte sie inte-ressiert. Ich lächelte. Das sollte mein Geheimnis blei-ben. „Verrate ich nicht.“
„Bitte Angie. Gib mir einen Tipp!“, bettelte Niju, doch ich bleib hart.
„Nö!“ Niju verschränkte die Arme und schmollte. „Na gut. Dann halt nicht.“
Als wir später im Bett lagen, konnte sie sich aber nicht mehr zurückhalten.
„Hat er dich geküsst?“ Ich schüttelte den Kopf, da sie das aber im Dunkeln nicht sehen konnte, fügte ich hinzu: „Nein, wieso auch?“
„Na ja.“ Ich konnte förmlich spüren, wie sie lächelte. „Gute Nacht!“, wünschte sie mir.
„Ja, dir auch!“
Und dann schliefen wir auch ein.
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Zarina - Dunkle Künste Empty Zwischenanmerkung

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 12:15 am

Pause

Wir haben ja nun schon einiges hinter uns gebracht, mehr über die Hälfte des bisherigen Standes.
Das, was ihr bisher gelesen habt, ist aber nicht die eigentliche Geschichte. Es bereitet eher den Leser auf den weiteren Teil vor und erklärt, schafft Zusammenhänge und - vielleicht, daran muss ich noch ein bisschen arbeiten - falsche Annahmen!
Bitte kommentiert auch viel, schreibt auf, was euch besonders gut gefallen hat und was ihr euch vielleicht noch wünschen würdet in der Geschichte. Das aber bitte nicht hier, das wird zu unübersichtlich. Ich werde noch einen Eintrag machen, wo ihr dann Kommis schreiben könnt Smile
Daaanke!

Und jetzt geht´s weiter!
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Zarina - Dunkle Künste Empty okay?!

Beitrag  poppi Mi Jul 04, 2012 12:47 am

ich les es mir mal durch wenn ich mehr zeit hab Wink
wie lange schreibst du schon an dem buch und wie heißts?
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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 1:49 am

poppi schrieb:ich les es mir mal durch wenn ich mehr zeit hab Wink
wie lange schreibst du schon an dem buch und wie heißts?

Weiß ich nicht mehr, aber schon ziemlich lang. Bin in Kapitel 8 oder 9.
Bitte poste Kommentare im Kommiseintrag, aber danke fürs Lesen!
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Zarina - Dunkle Künste Empty schreibewn

Beitrag  Carlos05 Mi Jul 04, 2012 3:00 am

Bitte schreib noch die anderen kapitel!

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Zarina - Dunkle Künste Empty - 5. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:07 am

5. Kapitel
Am nächsten Morgen wachte ich auf und wusste so-fort, was heute war. Zum Glück war heute Samstag. Ich sprang aus dem Bett, um Niju zu wecken. „Niju, Wach auf!“ Die murmelte nur unverständiges Zeug und drehte sich auf den Bauch. „Angie, es ist noch viel zu früh!“ Ich widersprach ihr. „Es ist 9 und wir sind um 11 verabredet.“ Das schien entgegen meinen Erwartungen zu wirken. „Was? Und du hast mich nicht früher geweckt?“ Sie sprang aus dem Bett. Ich verdrehte die Augen und sah ihr zu, wie sie eilig ihre Klamotten zusammensuchte.
Wir waren natürlich viel zu früh am Treffpunkt, und Niju schien noch viel aufgeregter als ich. Sie sah ständig auf die Uhr. Ich war auch aufgeregt, doch ich konnte es gut verbergen. Da ging das große Portal auf, und eine Gruppe Jugendlicher kam raus. Im Nä-her kommen erkannte man Nico in der Mitte. Er wur-de von drei Jungs und einem Mädchen begleitet, die ständig um ihren Platz neben ihn kämpfte. Bei diesem Anblick bekam ich Herzklopfen. „Bist du dir sicher, dass er single ist?“, flüsterte ich zu Niju, die darauf mit einem heftigen Kopfnicken antwortete. Da waren sie auch schon bei uns. Er lächelte uns an. „Hi!“ Niju schlug in die ausgestreckte Hand ein. „Hi! Danke für die Einladung!“ Er nickte. „Gerne.“ Dann wandte er sich mir zu. „Hallo Angie!“, meinte er und sah mir kurz in die Augen. „Hi!“, lächelte ich zu-rück.
Dann wurden uns die anderen vorgestellt. Ein schlaksiger, blonder Junge hieß Jan, der kleinere, braunhaarige mit dem coolen Lächeln Max und das Mädchen Lea. Den Namen musste ich mir merken. Nico wandte sich schon von mir ab. Er übernahm die Führung und ich geriet in Vergessung. Wo war der Nico von gestern geblieben? Ich wurde von Lea wegge-drängt. Nun lief ich als ganz letzte. Niju war in ein Gespräch mit Max vertieft. Sie, als kleine Japanerin, war genauso groß wie er. Lea zwitscherte zu Nico, der darauf verschmitzt antwortet. Jan schien ein sehr stiller Junge zu sein, denn er sprach kein Wort.
Auch im Schwimmbad änderte sich nichts. Nachdem ich in eine Einzelumkleide verschwunden war, hörte ich Lea und Nico darüber scherzen, wie lange sie nun voneinander getrennt sein würden. Ich biss mir auf die Lippe. Lea war doch nur Wichtigtuerin. Nico lag nichts an ihr. Gar nichts, rein gar nichts...doch beim Denken wusste ich, dass es nicht stimmte. So mies konnte er doch nicht sein! Gestern Abend hatten wir hemmungslos geflirtet und jetzt...Immer noch sauer stieß ich auf die anderen, die mich nur flüchtig wahrnahmen.
Schon waren alle im Wasser, nur ich blieb noch etwas unschlüssig stehen. Niju bemerkte mein Fehlen als Einzige. „Angie, komm!“ Ich schüttelte den Kopf und starrte zu Lea und Nico. Wo Lea ständig um ihn herumschwamm. Niju wusste natürlich was los war. Sie schwamm zum Rand und kletterte aus dem Wasser. „Zwischen den Beiden läuft nichts. Be-stimmt nicht. Lea...kann man als Schulhure be-zeichnen. Die Direx hofft zwar immer noch, dass sie sich ändert und hat sie deshalb in Nicos Clique ein-geschleust.“ Ich nickte. Trotzdem war es einfach nur bescheuert von ihm. Wir gingen zusammen ins Wasser. Max wartete auf uns. Zu dritt schwammen wir in den Außenbereich. Dort waren wir die Einzi-gen. Es war kalt, und kein normaler Mensch wäre auf diese Idee gekommen. Das Wasser war allerdings sehr angenehm. Wir legten uns auf die kleine Erhö-hung unter Wasser. Niju war die Erste, die etwas sag-te. „Sind Lea und Nico...in irgendeiner Weise zu-sammen, Max?“, fragte sie ihn direkt und ich rutsch-te vor Schreck fast von der Erhöhung. Max schien es nicht gehört zu haben. „Nein, das wüsste ich. Nico erzählt mir wirklich alles. Und er hat sie nicht gerne dabei. Aber...die Direx will es halt so.“ Er sah zu mir. „Dich mag er aber sehr. Ich sollte es dir nicht sagen, aber ich glaube es wäre gut wenn du es weißt.“ Er lä-chelte mir aufmunternd zu. „Nico hat nur keinerlei Erfahrungen mit Mädchen.“ Ich runzelte die Stirn. „Was soll das bitteschön heißen?“, fragte ich und fühlte mich ertappt. Er lachte. „Ich kann die Bezie-hungen und Gefühle zwischen Menschen spüren.“ Er lächelte zu Niju, die vor Schreck rot geworden war. Niju war anscheinend verschossen. Ich kicherte. „Lie-be ist eine ernste Sache, Angie. Würdest du uns ent-schuldigen?“, er grinste zu Niju, die ihr Glück kaum fassen konnte. Ich sah, wie sie beim Wegschwimmen (oder Gehen, hier konnte man nämlich gut stehen) „Händchen hielten“. Mann, das war so unfair! Wa-rum konnte ich das nicht? Ich hatte ja überhaupt noch nicht herausgefunden, was für eine Fähigkeit ich be-saß. Da kam Nico. Ohne Lea. Er wirkte erschöpft. „Hi Nico!", meinte ich beiläufig und tat so, als wäre ich sehr mit dem Wasser beschäftigt. „ Wie gehts?", fragte er und setze sich neben mich. Ich wäre ja nur zu ger-ne näher gekommen, aber stattdessen rutschte ich nun weiter weg. Ich sah bewusst weg. „ Ist was los?", fragte er und versuchte wiederholt, mich richtig an-zusehen. „Nichts.", erklärte ich ihm und stand im Wasser auf, um ein wenig zu schwimmen. Ich spürte seinen Blick auf meinem Rücken. „ Wenn du möch-test, gehen wir nachher in dir Bibliothek und suchen nach deinen Vorfahren." schlug er vor und kam eben-falls von der Anhöhe. Ich bedachte ihn mit einem sehr kurzen Blick. „ Ja, von mir aus." „Angelina, wenn du nicht möchtest, dann nicht." Ich stoppte. „ Ja, von mir aus!" sagte ich gereizt. Nico nickte langsam. „Gut." Dann verließ er den Außenbereich. Ich hörte auf zu Schwimmen und schloss die Augen, um meine Wut abzudämpfen. Mir war die Lust auf Schwimmbad gründlich vegangen. Daher schwamm ich durch den Plastikvorhang, der Außen-und Innenbereich trennte und sah mich nach Niju um. Ich entdeckte sie mit einem Eis am Beckenrand. Max war nicht bei ihr, er unterhielt sich mit Nico und, leider, Lea. Ich winkte ihr zu und schwamm zu ihr. Atemlos kam ich bei ihr an und kletterte aus dem Wasser. „Schmeckts?", fragte ich sie und begutachtete das Eis. Niju nickte. „Zitrone!", nuschelte sie. „Interessant." Ich mochte Zitroneneis nicht so gerne. Eher Erdbeere und Strati-atella. Mit Streuseln. Ich stand auf und holte mir mein Handtuch. Niju sah mir hinterher. „Gehst du schon?", rief sie und ich nickte. „Ich erklär's dir spä-ter!", murmelte ich als ich an ihr vorbeiging. Niju nickte. „Ich weiß glaub ich schon." Sie sah kurz zu Lea und Nico. Ich folgte ihrem Blick. „Nein. Ich...will in die Bibliothek.", log ich. Niju wusste das wahr-scheinlich, tat aber so als das sie nichts gemerkt hat-te. Sie nickte nur. „Dann sehen wir uns nachher." Ich nickte.
Ich ging tatsächlich in die Bibliothek. Anfangen konnte ich ja auch ohne Nico. Ich ging die Regale langsam durch, auf der Suche nach etwas, was ich noch nicht benennen konnte. Die Regale waren nach Anfangsbuchstaben des Titels geordnet. In einer Ecke stand ein Computer. Vermutlich konnte man dort den genauen Standort eines Buches herausfinden. Die Suchfunktion würde mir aber wenig helfen. Trotzdem setzte ich mich vor den Bildschirm. Als ers-tes suchte ich nach dieser Königin. Schon hatte ich eine Liste der Bücher, wo der Name erwähnt wurde. Ein Buch fand ich sehr interessant. Die Königinnen der Neuzeit. Steckbriefe und Biografien. Es stand in Regal 4. Schnell verließ ich den Computer und ging zum Regal. In der Bibliothek war keiner außer mir. So war es auch sehr ruhig. Konzentriert suchte ich das Inhaltsverzeichnis ab. Es gab anscheinend keine Königin namens Katara. Also suchte ich nach Kata-rina. Und tatsächlich fand ich den Namen, in mehr-facher Ausführung: Katarina I. Katarina II, und so bis fünf. Ich entschied mich für die 5 und wollte ge-rade die Seite öffnen, da sah ich, wie ganz unten ein neuer Name erschien: Zerafina Joana II. Ungläubig sah ich zu, wie dem Buch eine Seite mehr wuchs. Schnell blätterte ich zur letzten Seite und sah, erneut ungläubig, wie auf dem Papier Worte erschienen, als würde sie ein Profi an der Schreibmaschine oder am Computer just in diesem Moment aufschreiben.

Zerafina Joana II
Prinzessin,
Mutter: Zerafina I
Vater: Graf zu Eulenberg, Janosch Friedrich Karl

Ich schlug das Buch schnell zu. Das war mir dann doch unheimlich. Ich stellte es zurück ins Regal. Da-bei fiel ein Zettel aus dem Buch. Ich hob ihn auf und wollte die Notiz wieder hineintun und hob es auf. Da-bei warf ich einen Blick darauf. „Nichts Besonderes.“, dachte ich und klappte das Buch auf. Doch da er-kannte ich erst das Schema der Worte die dort ge-schrieben standen. Es sah aus wie ein Brief, oder ein Tagebucheintrag, aber wer schrieb im Zeitalter von E-Mails und Computern noch Briefe?! Das weckte nun doch mein Interesse. Also setzte ich mich erneut hin und las.

Lieber Max,

ich war heute bei J. und habe sie gefragt. Sie meint, wenn wir schnell sind, müsste unser Plan klappen. Mit M. ist auch schon alles abgesprochen. Ich hoffe, dass wir dadurch auch unser Ziel erreichen... die Namen schreibe ich nicht auf, falls der Brief in fal-sche Hände gerät, du weißt ja, wer gemeint ist.
Ich habe dich in den letzten Monaten sehr vermisst. A. ist bei ihrer Oma momentan, sie bekommt von al-ledem nichts mit. M. wird sie später auf die Schule schicken, ich konnte es ihm nicht ausreden. Leider. Hoffentlich ist bis dahin alles wieder gut.
Wie geht es bei dir? Schicke mir umgehend nach Er-halt eine Nachricht!

Herzliche Grüße,
Katrin♥

Ich legte den Brief vor mir auf den Tisch. In meinem Kopf türmten sich Fragen. Wer waren di Personen, die abgekürzt wurden? Ich war mir sicher, dass die Schreiberin nicht Katrin hieß. Das musste ein Ge-heimname sein.
Ich ließ die Worte nachklingen. Hatte ich das wirk-lich gedacht? Geheimname? O Gott, Angelina, du denkst wie in einem schlechten Agentenfilm! Trotz-dem! Vielleicht ist es ja tatsächlich so? Ich widersprach meiner inneren Stimme. So ein Quatsch!
„Vielleicht hat sie die Büchereien verwechselt.“ „Hast du ihr sie nicht gezeigt?“ „Nein, ich dachte, sie wartet im Zimmer auf mich.“ Verdammt! War das etwa die verbotene Bücherei?
Ich stand hastig auf und stellte das Buch ins Regal. Den Zettel ließ ich in meine Hosentasche gleiten und wollte aus der Bücherei stürmen, als ich mit jeman-dem zusammen stieß. „Entschuldigung!“, stammel-te ich und trat einen Schritt zurück. Es war natür-lich Nico. In Begleitung einer jungen Lehrerin. Sie sah mich nachdenklich an. „Angelina, das hier ist die für euch nicht zugelassene Bibliothek. Ich hoffe, du hast das nicht gewusst. Sonst müsste ich dir ei-nen Verweis geben, und das an deinen ersten Tagen. Eigentlich wollte ich euch nur helfen, Nico hat mir erzählt, dass ihr deine Fähigkeit und deine Ver-wandtschaft identifizieren wollt.“ Ich nickte. „Ja, aber ich habe es wirklich nicht gewusst!“ Ich hoffte, dass sie mir das glaubte. Schließlich hatte ich es ja wirk-lich nicht gewusst.
Und zu meinem Glück schien das der Fall zu sein. Sie wandte sich auf jeden Fall von mir ab und ging den Gang entlang. „Folgt mir bitte!“, sagte sie. Ich warf Nico einen Blick zu, der meine Unwissenheit ausdrücken sollte, aber er schien mich wieder zu ig-norieren. Aber okay, ich würde das Spiel mitspielen. Also ging ich stur, ohne einen weiteren Blick auf ihn, hinter der jungen Frau her. Ich konnte mir aller-dings einen unauffälligen Seitenblick nicht ver-kneifen. Aber er schien das sehr gut zu können. Da er den Weg kannte, schaute er nur auf seine Füße. Ich ging einen Schritt schneller.
Schließlich waren wir vor einer großen Flügeltür an-gekommen. Unsere Begleitung (die offensichtlich Hilfestellung geben wollte) öffnete sie und wir traten ein. Drinnen sah es wirklich sehr nach Bücherei oder Bibliothek aus- überall standen Regale, voll gestopft bis obenhin mit irgendwelchen Büchern. Früher hatte ich sehr viel gelesen, allerdings hauptsächlich Co-mics. Später, so in der dritten Klasse, als ich unseren Schulgeist kennen gelernt hatte, war mein Interesse eher Romanen und Sachbüchern verschrieben gewe-sen, bis ich mich endlich auch der Fantasiewelt zu-gewandt hatte. Ich hatte auch viel über Geister und deren Aufgaben gelesen. In dieser Schule hatte ich noch keinen gesehen. Leider. Ich hoffte aber noch.
Nico setzte sich an einen Tisch. Ich folgte mit den Augen der jungen Frau. „Wie heißen Sie eigentlich?“, fragte ich plötzlich. Sie lächelte mir zu und holte ein Buch aus dem Regal. „Ich bin hier eine der Betreue-rinnen, und du kannst „du“ sagen. Ich bin Nata-scha.“ Nico meldete sich zu Wort. „Sie heißt eigent-lich Natascha Royaume des Elven.“ Natascha vom Reich der Elfen. „Woher kommt der Name?“, fragte ich interessiert. Sie warf mit einer kleinen Handbe-wegung (die sicherlich allen Jungs den Kopf verdreht hätte) ihr Haar nach hinten. Ihre Ohren waren spitz zulaufend. Dann ließ sie das Buch mit einem leisen Knall auf den Tisch fallen und warf ihr Haar wieder über ihre Ohren. „Ich möchte nicht, dass alle es erfah-ren.“, meinte sie. Ich nickte. „Alles klar.“ Sie lächelte und setzte sich. „Komm, setz dich hin.“ Ich folgte ih-rem Befehl und nahm neben ihr Platz. Natascha schlug das Buch auf. „Zeig mal deine Ohren.“ „Die sind ganz sauber und völlig normal “, informierte ich sie. „Zeig trotzdem mal.“ Seufzend nahm ich mein Haar beiseite. Sie fuhr mit dem rechten Zeige-finger mein Ohr nach. Dabei murmelte sie irgendet-was. Dann war die Inspektion vorbei. „Gut, dann bitte deine Zähne.“ Ich nickte. Die waren sehr weiß und sehr gut geputzt. Darauf hatte mein Vater am meis-ten bestanden. Natascha fuhr mit ihrem Finger an meinen Schneidezähnen entlang. Ich war doch etwa kein Vampir? Sie sah ihren Finger an. Ein kleiner Tropfen Blut hing daran. Das war nun doch unheim-lich. Zugegeben, sie waren etwas spitz, aber genau das gab ihnen mehr Charakter. Und so scharf waren sie auch nicht. Natascha lächelte. „Ich habe eine Mög-lichkeit gefunden. Aber Elfenhaut ist leider sehr zart, deswegen beweist das gar nichts. Nico, würdest du...“ Was? Er? In MEINEM Mund? Nein danke, das hatte mir gerade noch gefehlt! Nico stand lächelnd auf. Ich klappte meinen Mund zu. Natascha seufzte. „Komm schon. Das Schlimmste, was dir passieren kann ist, dass Nico sich verletzt.“ Ich öffnete widerwillig mei-nen Mund. Nico sah mir in die Augen. Ritsch! Ich zuckte erschrocken zusammen. Nico war mit seinem Finger schnell an meiner Zahnspitze entlang geglit-ten. Nun klebte ein Tropfen Blut an der Stelle. Wir betrachteten es erstaunt. Natascha sah höchst zufrie-den aus. Mir verschlug es die Sprache. Als ich den Mund öffnete, kam nur Luft heraus. Also klappte ich ihn schnell wieder zu. Nico lächelte. „Also ein kleiner Vampir in unserer Mitte.“ Ich senkte beschämt den Kopf. Gleichzeitig war ich stinksauer. Natascha nickte allerdings. „Wie heißen deine Eltern?“, fragte sie mich. Ich hob den Kopf. „Marc Lion. Meine Mut-ter...“ ich wusste nicht, welchen Namen ich nennen sollte. Aber ich entschied mich für „heißt Katarina Lion. Glaub ich zumindest.“ Natascha sah mich aufmerksam an. „Das Erbgut eines Vampirs kann nur dann vollständig übertragen werden, wenn auf jeden Fall einer der Eltern ein Vollblut ist. Wenn man Glück hat, ist das Kind dann auch Vollvampir. Es gibt da eine Tabelle, Moment...“ Sie schlug das Buch auf. Ich sah ihr neugierig zu. Nico setzte sich wieder. „Hier.“ Natascha hielt mir eine Tabelle hin. Sie war auf einer vergilbten Seite aufgedruckt. Das Buch schien ziemlich alt zu sein.

Paarungstabelle Vampire- Mixe
Blutstatus Va-ter Blutstatus Kind Blutstatus Mutter
Vollblut Dreiviertelblut Halbblut
Andere Art Halbblut Vollblut
Halbblut Unterschiedliche Werte gemessen, je nach Art unter-schiedlich Andere Art

Weitere Erklaerungen: Es gibt noch mehr Kombinati-onen, die allerdings nur sehr selten als Einzelfaelle gewertet werden wie Dreiviertelblut (die haeufigste Einzelfallkombination. Bei gleichem Blutstatus ist das Kind ebenfalls vom selben Blutstatus. Kinder von anderen Arten (mix 3, Beispiel: Mensch und Vampir) sind gesetzlich nur Voll-und Halbblütern nicht erlaubt. Beispiel: Mutter: Vampir, Vollblut; Va-ter: Mensch, Vollblut.
Weitere Informationen sind im Kapitel 36 nachzule-sen (Paarungsregelungen Vampiren

Ich war schon drauf und dran, das besagte Kapitel aufzuschlagen, aber Natascha nahm mir das Buch weg und stellte es (meine Proteste ignorierend) zu-rück ins Regal. „Ich wollte aber den Rest noch lesen!“, schimpfte ich. Natascha schüttelte den Kopf. „Es reicht für heute.“ Dann verließ sie uns. Und da ich Nico weiterhin ignorieren wollte, ging ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Im Zimmer war ich allein, etwas anderes hatte ich aber auch nicht erwartet. Niju war anscheinend noch unterwegs oder im Wasser. Seufzend machte ich mich an die Hausaufgaben, die sich angestaut hatten und schlug mir meine Herkunft erst einmal aus dem Kopf.
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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:08 am

6. Kapitel
Der Sonntag begann nicht so schön. Als ich aus dem Bett steigen wollte, rutschte ich prompt auf einer So-cke aus und landete auf dem Hintern. Dadurch holte ich Niju aus dem Reich der Träume, die deshalb den ganzen Morgen mit mir sauer war (und auch kein bisschen Mitleid zeigte). Beim Frühstück ließ ich mein Brötchen mit Erdbeermarmelade auf meine Hose fallen und ich schüttete mir Kakao über mein T-Shirt. Deutlich mit den Spuren des Frühstücks ge-kennzeichnet verließ ich dann den Esssaal.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, beschloss ich den Wald alleine zu erkunden. Passieren konnte ja nichts, wenn man bis 10 Uhr draußen bleiben durfte, oder?

Ich blieb immer auf dem Weg, auch wenn ich zu ger-ne das Waldinnere erforscht hätte. Um mich herum zwitscherten Vögel und ab und zu raschelte es im Ge-büsch. Ich mochte diese Atmosphäre sehr gerne.
Plötzlich stoppte ich. Im Gras konnte man deutlich Fußabdrücke sehen. Ich ging in die Hocke und un-tersuchte den Boden. Die Abdrücke waren ziemlich frisch. Ich fuhr den Umriss mit der Hand nach. Der-jenige hatte, wenn es kein Kind gewesen war, kleine Füße gehabt, es war vielleicht Größe 36. Ich hatte 38. Ich stellte mich hin und sah mich um. Ich war schon etwa eine Viertelstunde gelaufen. Nach kurzem Zö-gern verließ ich den Weg und folgte der Spur. Manchmal war sie unterbrochen, als wäre der Jemand sehr weit gesprungen. Oder auf einen Baum geklet-tert.
Nach einer etwa 10-Minütigen Tour durch den Wald kam ich an eine Lichtung. Und was ich dort sah, faszinierte mich sehr. Dort stand eine alte Ruine, aber das Gebäude stand noch halb. Die Mauern waren halb eingestürzt, aber es sah betretbar aus. Es musste frü-her vermutlich ein Schloss oder eine Burg gewesen sein. Aber klein, obwohl die Lichtung sehr groß war, füllte die Ruine den Platz nicht ganz aus.
Ich ging neugierig einen Schritt näher ran. Dann noch einen - bis ich direkt davor stand. Aus dieser Entfernung sah es ganz schön gefährlich aus. Trotzdem wagte ich mich bis vor das Tor. Eine Angel war herausgebrochen, die andere auch schon rostig. Schon hatte ich meine Hand an der Tür, um sie zu öffnen, aber ich hielt mich noch zurück. Wer garan-tierte mir, dass es nicht zusammenbrach, wenn ich es betrat? Ich ging einige Schritte zurück. Vielleicht würde ich im Internat etwas mehr über das Schloss herausfinden können. Ich drehte dem Schloss den Rücken zu und machte mich auf den Rückweg.
Im Internat angekommen, fiel mir ein, dass meine beste Freundin sauer auf mich war und Nico auf meiner Ignorationsliste stand. Ich beschloss, die Su-che alleine angehen zu lassen. Daher nahm ich Kurs auf die Bibliothek. Und diesmal die richtige.
Drinnen sah ich auf die Uhr. Es war ein Uhr. Ich suchte die Regale ab. Aber ich fand kein Buch, das über diese Umgebung handelte. Ich suchte mindes-tens eine Stunde. Ohne Erfolg.
Schließlich ging ich genervt zur Bibliothekarin. „Entschuldigung?“ Sie reagierte nicht. Auch nicht als ich lauter sprach. „Hallo!“, schrie ich fast. Da ging ihr Kopf in die Höhe. „Schrei doch nicht so! Ich habe gerade geschlafen!“ „Entschuldigen Sie bitte die Stö-rung, aber ich habe eine Frage, ich suche ein Buch ü-ber Ruinen und Schlösser hier in der Umgebung.“, sagte ich gereizt. „Die Bücher sind nicht für Schüler zugängig und befinden sich in der verbotenen Bü-cherei. Und jetzt lass mich weiterschlafen.“, damit schlief sie wieder ein. Na toll, dachte ich. Da würde ich auch nichts erfahren. Ich verließ die Bücherei und stieg die Treppe nach oben. Ich sah nur wenige Schü-ler. Verständlich, draußen war es warm, sie schwam-men bestimmt oder spielten Fußball. Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Ich blieb mitten im Gang stehen und sah ich um. Es knarrte in der Wand. Ich legte die Hände darauf und tastete sie ab. Da öffnete sich eine Tapetentür, direkt neben mir. Ich erschrak, doch dann betrachtete ich das Phänomen genauer.
Ich wagte mich näher ran. Da glitt etwas Durchsichti-ges heraus. Ich fiel vor Schreck fast um. Ein Ge-spenst! Ich hatte ein Gespenst entdeckt. Aber es schien nicht minder erschrocken als ich. „Huh!“ Ich stand auf, und es wich vor mir zurück. „Wie hast du die Kammer gefunden?“, fragte es mich erschrocken. Seine Stimme war weich und hoch. Es sah wie eine Magd aus dem Mittelalter aus. „Ich...weiß nicht.“, sagte ich vorsichtig. „Sie weiß es nicht! Sie hat gerade eines unserer gehüteten Geheimnisse gelüftet und weiß nicht wie!“, stammelte sie. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe keine Ahnung...“ Sie starrte mich mit großen Augen an. „Noch nie...hat jemand mich so angesprochen...“, hauchte sie. Ich runzelte die Stirn. „Nein? Aber Sie sind doch bestimmt erwachsen und...“ „Wir werden immer nur mit „Du“ gerufen. Mehr Aufwand will man nicht für unsere Persön-lichkeit aufwenden.“ „Dann bin ich die Erste.“, lä-chelte ich. Sie nickte. „Sonst werden nur die Herzo-gin und der Herzogin so angesprochen.“, flüsterte sie. „Wie heißt du?“ „Angelina, aber Sie können gerne Angie sagen.“ Sie verzog das Gesicht. „An-ge-li-na. Das ist mir zu modern.“ „Angelika“, schlug ich vor. „An-ge-li-ka.“ Sie strahlte. „Viel besser. Ich heiße Margit.“ Ich lächelte. „Das ist aber auch ein schöner Name.“ Sie nickte. „Sag mal...möchtest du mich nicht mit „Du“ anreden?“ Ich zuckte mit den Schul-tern. „Wenn es Ihnen lieber ist...wir sagen übrigens „Duzen“ und „Siezen“.“ Sie nickte. „ Sag Du. Oder wie du meinst: Duzen!“, lachte sie. Ich nickte. „Gut. Aber jetzt erzähl mal, wieso spukst du hier?“ Margit hob an. „Ich wohne hier schon sehr, sehr lange. Das Datum weiß ich nicht mehr. Aber ich habe für die Kö-nigin gearbeitet. Aber ich wurde von einer anderen Magd getötet, weil ich fast den Prinzen geheiratet hätte, wir hatten uns verliebt.“ Sie lächelte gequält. Ich setzte mich auf den Boden, das Stehen war an-strengend. Sie flog um mich herum. „Sie hat sich ihn geangelt. Und ich hatte das Nachsehen. Aber er hat nach einiger Zeit gemerkt, was für einen Fehler er begangen hatte, und sie wurde ins Verlies gepackt. Aber ich war schon längst ein Geist. Es gab für uns keine Zukunft mehr, dachte ich. Und er auch. Das größte Problem war seine riesige Angst vor Geistern. Ich bin nachts zu ihm geflogen, wenn er schlief. Des-halb hat er mich nicht mehr lebend gesehen. Aber als er gestorben ist, wurde er zum Geist. Und wir haben uns wieder getroffen!“ Ihre Augen leuchteten, ich war in ihren Bann gezogen. Während ihren Erzählungen gestikulierte sie wild. „Seitdem sind wir zusammen. Die Geisterbehörde hat uns getraut. Vor 399 Jahren! In einem Monat sind es 400.“, fügte sie hinzu und setz-te sich neben mich. Na ja, sie schwebte über dem Bo-den. Ich sah sie vergnügt an. „Und deine Nebenbuhle-rin? Also die, die dich getötet hat.“, fügte ich bei ihrem fragenden Gesicht hinzu. Sie setzte eine griesgrämi-ge Miene auf. „Die ist auch zum Geist geworden. Aber sie hat vor der Behörde geschworen, dass sie sich nichts mehr zu Schulden kommen lässt.“, strahlte sie dann. Ich nickte. „Und darf ich deinen Prinzen auch kennen lernen?“ Margit stutzte einen Augen-blick, dann nickte sie. „Ja, du siehst ja Geister. Oder hast du mich nur gehört?“ Ich schüttelte schnell den Kopf. „Ich sehe und höre dich deutlich.“ Sie wiegte den Kopf hin und her. „Und berühren? Versuch es mal“ Sie reichte mir die Hand. Ich zögerte kurz, doch ich war mutig und ergriff sie. Tatsächlich! Sie war etwas kälter als menschliche Hände, aber wir schüttelten uns eifrig die Hand. Margit flog einen Salto.“ Du hast eine Geisteraffinität! Du kannst uns sehen, hö-ren, fühlen und berühren! Davon gibt es hier nur noch ein....äh... du bist die Einzige, die ich kenne.“ Ich nickte. Das wusste ich schon. „Aber was meinst du mit „fühlen?“ Sie flog auf der Stelle. „Du spürst, wenn wir in der Nähe sind, und kannst auch die Kammer öffnen. Das können sonst nur Geister, oder eben Menschen mit stark oder voll ausgeprägter Geis-teraffinität“, erklärte sie mir. „Aha.“ Sie nickte. „Möchtest du mitkommen oder soll ich ihn alleine holen.“ Ich überlegte. Zwei unbekannte Geister reich-ten mir, „Hol du ihn bitte her. Ich warte hier.“ Sie ver-schwand in der Wand, die sich daraufhin auch schloss. Ich setzte mich hin und schloss die Augen. Margit war sehr nett. Lustig, mutig und voller Le-bensfreude. So hatte ich mir Geister nie vorgestellt. Da ging die Tür wieder auf und Margit zog einen jun-gen, sehr gutaussehenden Mann (auch ein Geist, selbstverständlich) hinter sich her. „Da sind wir. Das ist An-ge-li-ka. Richtig?“, sie hob eine Augenbraue. Ich lachte. „Ja, wenn es euch leichter fällt.“ Der Geist begutachtete mich. „Das ist sie also? Sehr erfreut. Ich bin James.“ Er reichte mir die Hand. Und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Immerhin schienen die Geis-ter nicht auf dem neuestem Stand zu sein. Ich ent-schied mich für ein Handschütteln und einen Knick. Der wohl reichlich schräg ausfiel. Er lachte. Es war warm und überhaupt nicht schrill. „Du brauchst nicht zu Knicksen. Das hast du nicht gelernt.“ Ich nickte. „Okay.“ „Übrigens kannst du auch zu mir „DU“ sagen, oder wie Margit erzählt hat, ihr sagt „Duzen“ heutzutage?“ Ich nickte. „Ja, genau.“ Die wa-ren ja sehr freundlich. Er nickte. „Nun denn, ich habe gesehen, dass es Mittagszeit ist. Ich würde vorschla-gen, dass wir alle essen gehen. Wir treffen uns be-stimmt die Tage noch mal.“ Ich nickte. „Gut, dann bis demnächst ihr Beiden.“
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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:09 am

7. Kapitel

Beim Essen saß ich alleine. Nico war noch nicht da und Niju immer noch sauer. So richtig Anschluss hatte ich ja noch nicht gefunden...
„Hey, Angie!“ Ich schreckte hoch. „Was?“ Vor mir stand Max. „Kann ich mich zu dir setzen?“ Ich nick-te. „Natürlich!“ Alles war in dem Moment besser als Nico. Max nahm mir gegenüber Platz. „Schmeckt es dir nicht?“ Ich legte das Besteck beiseite. „Ich hab kei-nen Hunger.“, meinte ich und sah verlegen auf mei-nen Teller. Gleichzeitig hoffte ich, dass sein Verbin-dungstalent jetzt mal nicht funktionierte. Ich sah ihn von unten heimlich an und wartete auf seine Re-aktion. Seine Stirn schlug Falten. „Was ist los?“, fragte ich neugierig. „Nichts“, antwortete er hastig. „Iss weiter.“ Jetzt war ich an der Reihe, die Stirn zu runzeln. Aber ich sagte nichts weiter sondern widme-te mich meinem Essen. „Wie läuft es zwischen dir und Niju?“, fragte ich wie beiläufig. Max setzte ein Lächeln auf. „Gut. Wir gehen heute Nachmittag ins Dorf Eis essen. Aber sag mal, habt ihr euch gestritten oder so?“ Ich seufzte. „Sie ist irgendwie empfindlich heute. Das legt sich bestimmt.“ Er nickte. „Das hab ich auch schon gemerkt.“ Ich sah hoch. „Habt ihr euch ge-stritten?“ Dann lag es nicht nur an mir, dass sie schlecht drauf war...aber Max schüttelte den Kopf. „Ich hab sie gelassen. Ich bin kein Streittyp.“ Aber trotz-dem gehen sie Eis essen, dachte ich. Schluss jetzt! Du hast Nico ignoriert, schimpfte ich mit mir selber.
Nach dem Essen ging ich Niju suchen. Wenigstens wollte ich, dass wir uns wieder vertrugen, bevor es A-bend war. Ich fand sie vor dem Schloss, wo sie an-scheinend auf Max wartete. „Niju?“ Sie drehte sich um, bei meinem Anblick verdrehte sie aber die Augen. „Was ist?“ „Ich wollte wissen, ob du noch sauer bist.“, fragte ich sie vorsichtig. Zum Glück schüttelte Niju den Kopf. „Angie, wieso sollte ich so lange sauer sein?“ Sie lachte. „Nein. Ist alles gut.“ Ich nickte fröh-lich. Dann war ja alles paletti. Ich verabschiedete mich und wünschte ihr viel Spaß.
Auf unserem Zimmer saß ich gedankenverloren und lustlos am Schreibtisch. Bis jemand an die Tür klopf-te. Ich drehte mich um. „Herein?“ Die Tür wurde ge-öffnet...und Nico trat ein. „Hi Angie.“, murmelte er und sah auf den Boden. Das machte mich sofort wie-der rasend. „Sieh mich an, wenn du mit mir sprichst!“, knurrte ich und gab mir keine Mühe, in irgendeiner Weise nett zu sein. Nico setzte sich auf Nijus Bett. Nahm er ihres bewusst? „Angie, ich wüsste wirklich gerne den Grund, das du zu mir so...abweisend wirkst.“, sagte er direkt. Ich hätte ihm das nie ins Gesicht sagen können. „Das weißt du ganz genau“, antwortete ich gereizt. Er stand auf und kam zu mir. „Bleib wo du bist!“, schimpfte ich. „Mann, Angie! Stell dich nicht so an! Rede mit mir verdammt!“, schrie er. „ Du hast kein Recht mich an-zuschreien!“, schrie ich zurück. Nico raufte sich das Haar. „Es ist nur etwas kompliziert.“, meinte er etwas ruhiger. Ich wehrte mich gegen das Gefühl von Liebe. Ich sollte ihn nicht lieben, ich sollte ihn nicht lieben, aber ich LIEBTE ihn! „Ich habe Zeit, erkläre es mir.“, sagte ich und ging zum Fenster. Nico stützte sich kurz auf den Schreibtisch, dann drehte er sich um und setzte sich neben mich auf die Fensterbank. Ich spürte seine Nähe genau. „Ich habe meine große Liebe nie gefunden, Angie...“ „Du bist 15! Was erwartest du?“, fragte ich, und mein Herz zerbrach. Dann war ich auch nicht die große Liebe? Nico seufzte. „Aber jetzt schon!“ Hä? Machte er mit mir Schluss, obwohl wir nicht zusammen waren? „Ja...und...wer?“, stam-melte ich und stand auf. Nico folgte mir und packte meine Oberarme. Er strich mir Haarsträhnen beiseite. Mein Herz klopfte wie wild. Er näherte sich meinem Ohr. „Du!“ Und gleich darauf, ohne jegliche Vorberei-tung küssten wir uns. Draußen ging gerade die Sonne unter.
„Hey, Ang...“ Nico und ich fuhren auseinander. Niju stand wie ein begossener Pudel in der Tür. „´tschuldigung.“, murmelte sie und verschwand. Ni-co lachte leise. „Damit hat sie wohl nicht gerechnet.“ Ich nickte. „Nie.“ Ich dachte an den Abend, an dem sie mich nach dem Kuss gefragt hatte. Nico zog mich an sich und ich umarmte ihn. „Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet DU der Junge wärst, mit dem ich meine erste Beziehung habe.“, meinte ich leise. Es war ein schönes Gefühl. Ich spürte Nicos Grinsen. „Tja, ich bin halt allgemein begehrt.“ Ich boxte ihn in den Rücken und setzte mich aufs Bett. Nico setzte sich neben mich. Ich liebte seinen Duft und seine Nähe. „Was hattest du mit Lea?“, fragte ich ihn ernst. Er nahm meine Hand und sah mir ernst in die Augen. Blau. „Nichts. Sie schleppt jeden Jungen ab, nur bei mir hat sie noch nicht Erfolg gehabt.“ Ich nickte be-ruhigt. „Alles andere hätte mich schwer gewundert.“, stellte ich lächelnd fest. „Warum hast du dann ge-fragt?“, fragte er mit gerunzelter Stirn. „Nur um si-cher zu gehen.“, erklärte ich ihm und legte mich nach hinten. Er piekste mir unerwartet in den Bauch. Ich quiekte und schoss hoch. Meine Schwachstelle. Nico fand das offenbar sehr lustig. „Na na, du bist doch kein Meerschweinchen.“ Ich lachte. „Nein, zum Glück nicht.“ Hoffentlich machte er das nicht ständig.
Am nächsten Morgen wachte ich als erste auf, Niju schlief noch. Sie war gestern Abend spät ins Zimmer gekommen, erst als Nico weg war. Nachdem ich alle Fragen beantwortet hatte, durfte ich einschlafen.
Ich stand leise auf und schlich mich ins Bad, wo ich mich mucksmäuschenstill fertig machte.
Auf dem Gang wartete Nico auf mich. „Hallo, Schatz!“, er zog mich an sich und wir küssten uns. Ich dachte daran, dass ich gestern meinen allerersten Kuss bekommen hatte. „Gut geschlafen?“, fragte ich ihn und ergriff seine Hand. Er nickte. „Ja, aber mit dir ist alles besser, weißt du doch!“, grinste er. Ich lachte herzhaft. „Lass mal, in zwei Jahren kannst du mich noch mal fragen!“ Ich beachtete Nicos gestellten Schmollmund nicht sondern ging vor zum Ess-raum.
Dort trennten wir uns, denn ein Punkt an dem wir uns voll einig waren war, dass wir es vorerst geheim halten wollten. So ging ich an einen Tisch, der zwar in seiner Nähe stand, aber trotzdem weit genug weg war. Ich beendete das Frühstück rasch und brachte meinen Teller weg. Natürlich war Nico „zufällig“ ge-nau mit mir fertig, sodass wir den Saal zusammen verließen. Uns folgten auch keine Augen aus der Tür.
Still schweigend machte sich dann jeder auf zu sei-nem Unterricht.
Heute in Geschichte fingen wir ein merkwürdigerwei-se interessantes Thema an. Als die Vampirin Janette (sie war eine Referendarin und wollte geduzt werden, auch ein Punkt, in dem sich das Internat von ande-ren unterschied) in den Raum kam und sich wie immer über unsere „eingeübten Begrüßungsgesänge“ aufgeregt hatte, kündigte sie an, das wir in der nächsten Zeit die Vergangenheit dieser Region, spe-ziell die Königinnen und Könige, ebenso wie den Kampf zwischen Gut und Böse behandeln würden. Da fing es schon an, ich wusste nichts. Zwar hatte ich so langsam begriffen, wie das Internat tickte, aber so gut kannte ich es auch nicht, das mir jemals je-mand mit Magie begabt aufgefallen war. Also nahm ich mir vor, in der Stunde besonders gut aufzupas-sen, um auch alles mitzubekommen. Janette setzte sich auf die Tischkante und wartete, bis wir alle ru-hig waren. Ich holte bereits meinen Block zum Schreiben raus, doch sie winkte ab. „Ihr sollt lieber zuhören als schreiben.“ Ich legte erleichtert meinen Stift zur Seite. Janette fing an.
„Wie einige vielleicht wissen, ist dieses Schloss in einer besonders magischen Umgebung gebaut wor-den. Bevor es zum Internat umfunktioniert wurde, war es ein Stützpunkt der Königsfamilie, speziell von der Mutter Katarinas, die, wie ihr vermutlich dann auch wisst, mit ihrer Rebellengruppe abge-taucht ist. Früher wurde dieses Land von Vampiren beherrscht. Heute haben wir einen Rat, wo alle Völker vertreten sind. Die Vampire als Gründer, die Elfen, die für den Wald zuständig sind, die Menschen, die magisch begabt sind, also möglicherweise Vorfahren von euch allen (sie betonte besonders das „alle“), die Drachen, Einhörner und Werwölfe, die aus Sicher-heitsgründen immer nur ein mal vertreten sind, für die Gattungen der magischen Tiere, sowie zwei Mee-resbewohner, die für das Meer sprechen. Außerdem haben wir aus dem Meer auch die Meerjungfrauen, als Vertreter der Halbmenschen. Insgesamt umfasst der Rat 25 Personen, damit es bei Abstimmungen immer zu einer Mehrheit kommt.
Zurück zur Vergangenheit. Damals wurde also das Land vom König beherrscht. Zur Zeit meiner Groß-mutter, also 1620, war das Leo XI. Er unterdrückte das gesamte Volk, einbezogen seine eigene Gattung. Zu der Zeit dachte man aber nicht an eine Rebellion, denn wo sie Kirche sagte, dass es gut ist, war es gut. Und genau das verklickerte man den Menschen. Na-türlich gab man der Kirche viel Geld dafür, denn sie wurde natürlich nicht unterdrückt. Das wäre zu of-fensichtlich geworden. Das trieb Leo sehr weit. Er fol-terte und tötete manchmal Wesen, weil sie seiner Meinung nach einmal zu viel geatmet hatten in sei-ner Gegenwart, dass sie zu laut waren, oder weil sie sich einmal zu wenig oder nicht tief genug verbeugt hatten. Deshalb war oberste Priorität: Gehe ihm aus dem Weg, wie es nur möglich ist. Leider sind Vampire ja unsterblich, was den Tod an Altersschwäche anbe-trifft.“ Janette machte eine kleine Pause. Ich hielt den Atem an. Es war mucksmäuschenstill in der Klasse, und alle starrten gebannt nach vorne.
„Als Katarina geboren wurde, begriff sie mit 15 was hier von sich ging. Das war 1940. Sie floh mit ihrem besten Freund nach England und nahm einen neuen Namen an. Sie lebte dort eine Zeit lang. Man vermu-tet, dass sie zwischendurch wieder hier war, denn sie wurde 40 Jahre später schwanger und man fand Brie-fe, die auf das hindeuteten. Der Vater ist bekannt, es ist nicht ihr Freund. Aber er ist ebenfalls ein Rebell, deshalb dürfen wir seinen Namen nicht nennen. Leo ist nach einem Aufruhr 1945 ebenfalls geflohen und seitdem erst ein Mal gesichtet worden. Vor einem hal-ben Jahr.“ Ein Raunen ging durch die Klasse. Janette hob die Hand. Automatisch wurde es wieder still. „Wir haben im Moment nichts zu befürchten. Uns wurde gemeldet, dass er nichts unternehmen kann. Schließlich sind wir hier drin. Die Ruine im Wald ist ein „Nebengebäude“ von ihm gewesen, und sie wurde mit einem Schutzzauber belegt, der nur Menschen mit Katarinas Blut in den Adern, ihre wirklichen Freunde und so weiter sie sehen und betreten kön-nen.“ Ich zuckte zusammen. Wenn wir von derselben Ruine sprachen, dann...Janette sah mir unerwartet in die Augen. „Angie!“ Ich schüttelte mich. „Ja?“ Janette sah mich nachdenklich an. „Ich möchte dich gleich einmal sprechen.“ Dann sah sie auf die Uhr. Die Stunde war fast vorbei. „Es tut mir furchtbar leid, Leute, aber wir sind am Ende. Bitte lest als Aufgabe die Seiten über Leo im Buch, damit ihr zur nächsten Stunde ein ausgefeilteres Vorwissen habt. Schöne Pause!“ Langsam erwachten alle wieder und nickten. Ich sah auf dem Weg nach vorne sogar schon ein Paar Bücher in den Händen.
Wir schwiegen bis wir alleine waren. Niju wollte in der Aula warten.
„Habt ihr deine Vorfahren herausgefunden?“, fragte Janette plötzlich. Sie stand direkt vor mir. Ich schüt-telte den Kopf. „Wir wissen nur, dass ich ein Vampir bin. Mehr nicht.“ Janette lächelte. „Das ist doch ein Anfang.“ Sie räusperte sich. „Ich muss dir eine Sa-che sagen. Ich soll es zwar nicht und darf es auch nicht, aber es ist wichtig, dass du es weißt.“ Ich schüt-telte den Kopf. „Bitte bring dich nicht in Schwierig-keiten.“ Doch Janette machte eine wegwerfende Hand-bewegung. „Nein. Setz dich.“ Seufzend nahm ich vor ihr Platz. Sie beugte sie zu mir. „Leo sucht jemanden. Die ganze Geschichte von wegen er ist ungefährlich ist Quatsch! Er sucht den Schlüssel, um die Macht zu übernehmen. Er sucht Katarina. Er sucht dich! Katarina ist deine Mutter, Zarina!“ Ich schüttelte den Kopf. „Janette, ich heiße Angelina!“ Janette lächel-te traurig. „Nein. Katarina hat dich Zarina taufen lassen. Den Namen trägst du immer bei dir.“ Ich woll-te aufstehen, aber sie hielt mich zurück. Tja, sie war halt eine Vampirin und dagegen kam meine Kraft nicht an. „Schau unter dein linkes Schulterblatt!“, befahl sie mir. „Janette, ich kann mich hier nicht aus-ziehen. Außerdem habe ich da nur eine hässliche Narbe!“, protestierte ich. Janette zog die Vorhänge zu und schloss ab. „Bitte.“ Seufzend zog ich mein T-Shirt aus. Es war ziemlich frisch, mein Top war leider dünn und weit ausgeschnitten. Janette seufzte er-neut. „Zarina, an dein Schulterblatt kommst du so nicht an. Wir sind unter Frauen.“ Sie klang unge-duldig und holte einen Spiegel aus einer Schublade. Ich zog mir das Top ebenfalls aus. „Zufrieden?“, das klang härter als beabsichtigt. Janette nickte und drehte mich. Mir lief ein Schauer über den Rücken, ihre schlanken kalten Finger glitten über mein Schulterblatt. „Hier ist es.“ Sie fuhr etwas nach. „Ja, eine Narbe.“, sagte ich ungeduldig. „Ich hab’s auf dem Foto gesehen!“ Janette lachte. Es war kalt. Aus-nahmsweise. Und sie hielt mich in ihrem Klammer-griff. Ich bekam eine leise Panik. „Ja, natürlich. Za-rina, das ist das Zeichen jedes Vampirs. Ich trage e-benfalls eine Narbe. Auf Fotos sieht es so aus wie eine normale Narbe. Aber wenn du sie dir genau an-schaust, siehst du es deutlich!“ Sie führte mich vor den Wandspiegel und hielt den zweiten so, dass ich den Bereich im Blick hatte. „Ja, ich sehe eine stink-normale Narbe.“ Janette drehte mich überraschend um. „Zarina. Es ist wichtig, dass wir das machen. Bitte stelle dein Gehirn ein!“ Ich nickte langsam. „Von mir aus. Aber ich weiß nicht, was es bringen soll.“ Janette drehte mich wieder um und hielt den Spiegel in Position. „Hier.“ Sie zeigte auf die kleine Narbe. Ich ging näher an das Bild heran. Janette flüs-terte leise. „Ja, schau genau hin.“ Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, mir den Schriftzug vor-zustellen. Da plötzlich änderte sich das Bild. Es schwankte und drehte sich alles. Ich schrie. Aber ich bekam keinen Ton heraus. Warum hatte ich mich darauf eingelassen? Es wurde dunkel um mich her-um, aber nur kurz. Als ich wieder die Augen öffnete, lehnte ich an Janette, die mich fest hielt. Ich wurde von ihr wieder auf die Beine gestellt. Als ich ihre Au-gen sah, wurde ich wütend. Sie strahlte, das war of-fensichtlich. „Freut dich mein Zusammenbruch?“, fragte ich sie wütend. „Die Erleuchtung, meinst du wohl? Schau genau hin! Was siehst du jetzt?“ Ich riss mich los. „Ich bin bei der blödsinnigen Idee eben fast umgekippt!“, schimpfte ich. Janette hob beruhigend die Hand. „Ein Mal!“ Seufzend betrachtete ich die Stelle wieder. Warum ausgerechnet ich? Konnte sie nicht jemand anderen verarschen? Ich betrachtete sie genau. Und plötzlich stellte sich das Schwanken wieder ein. „Janette!“, kreischte ich voll Panik und wollte den Blick abwenden. Aber Janette hielt mich fest und zwang mich praktisch dazu, hinzuschauen. „Konzentrier dich!“ Ich sah erneut auf den Schrift-zug. „Es wackelt immer noch!“ „Ja, ich weiß. Schau hin!“ Ich konzentrierte mich weiter. Es wurde nach und nach schwächer. „Ich schaff es nicht!“, keuchte ich. Janettes Stimme änderte sich vom Warmen ins Kalte. „Schau hin, Zarina!“ Ich holte erneut tief Luft und starrte darauf. Und plötzlich hörte das Schwan-ken auf. Es beruhigte sich. Ich konnte deutlich die Buchstaben erkennen:
Zarina

Auf diese Erkenntnis musste ich mich setzen. Janette holte ein Glas Wasser und hielt es mir vor die Nase. „Hier.“ Ihre Stimme war wieder in den warmen Ton zurück geglitten. Ich nickte dankbar und trank es in wenigen Zügen aus. Janette hielt mir meine Kla-motten hin. „Damit du dich nicht erkältest.“, lächelte sie. Ich zog mir schnell mein Top über. Gedankenver-loren hielt ich mein T-Shirt in den Händen. Ob das bei ihr auch so gewesen war? „Janette...“ Sie schnitt mir das Wort ab. „Es ist bei jedem so, der gezeichnet wurde. Die Selbsterkenntnis erfordert einen großen Teil von Selbstüberwindung. Und wenn man das nicht bis zum 15. Geburtstag frei lässt, kann es zu großen Komplikationen in der Entwicklung kom-men. Daher wird es meistens bei sehr jungen Kin-dern, die gerade laufen können, gemacht, da sie noch nicht so viel verstehen.“ Sie reichte mir das nächste Glas Wasser. „Aber es gibt immer noch einige Mütter, die Angst haben, dass die Kinder davon traumati-siert werden können. Sie bereiten die Kinder bis zu ihrem 14. Geburtstag darauf hin vor, und versuchen es dann. Viele schaffen es bei dem ersten Versuch nicht, das zu Störungen kommt. Sie sind unkon-zentriert, bekommen Zusammenbrüche. Deswegen war es wichtig, dass du es sofort gemacht hast. Das war eine große Leistung, Zarina. Du hast etwas ge-schafft, was nicht viele schaffen, was wiederum für deine Herkunft spricht. Deine Großmutter war die erste, die es beim ersten Versucht geschafft hat.“ Ich schloss die Augen und ließ die Worte wirken. Das war eindeutig zu viel auf einmal. „Janette, ich muss glaub ich los. Die nächste Stunde beginnt gleich“, sagte ich mühevoll. Sie nickte, worauf hin ich erleich-tert aufstand und meine Schultasche nahm. „Du musst übrigens die Seiten nicht mehr lesen, sonst fällst du mir noch um.“ Ich nickte und ging zur Tür. „Danke.“ „Und bitte ruh dich auch erst mal ein biss-chen aus, deine Lehrerin in der nächsten Stunde weiß Bescheid. Und den anderen soll Niju ausrichten, dass du starke Kopfschmerzen hast.“ Ich nickte. „Ja, gut.“ Ich zögerte an der Tür. „Janette...gibt es noch andere Schüler, die Vampire sind?“ Sie sah mich mild lächelnd an. „Nein, der Vorgang ist seit Jahren hier verboten. Entwickelte Vampire unter den Schü-lern gibt es nicht mehr.“ Damit verschwand sie aus der Nebentür. Ich stand alleine im Raum, und mich überkam ein seltsames Gefühl. Ich hatte keine Lei-densgenossen. Ich hatte etwas Verbotenes getan.
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 8.Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:10 am

8. Kapitel
Das Erste, was ich im Zimmer machte, war ausruhen. Ich zog die Vorhänge zu und legte mich in mein Bett. Mein Kopf schwirrte noch von den vielen Dingen, die ich gerade zu Gehör bekommen hatte. Ich war eine Vampirin. Ein Monster! Und noch dazu die einzige, die...was hatte sie gesagt? Irgendwas mit Selbstüber-windung und Selbst....egal. Auf jeden Fall würde ich es keinem sagen. Niemandem! Auch nicht Nico, nicht jetzt, wo wir gerade zusammen waren. Ich legte mich auf die Seite und schloss die Augen, um ein wenig zu schlafen.
Irgendwann wurde ich von einer Stimme geweckt. Ich öffnete langsam die Augen und murmelte unver-ständliches Zeug. Allmählich wurde um mich herum alles klarer. „Angie!“ Ich setzte mich auf...und stieß fast mit Nicos Kopf zusammen. Ich stieß einen er-schrockenen Schrei aus. „Wah!“ Ich zuckte zusam-men und zog mich in die hinterste Ecke meines Bet-tes zurück. Nico sah nicht weniger erschrocken aus als ich. „Entschuldige, wenn ich dich erschreckt ha-be“, meinte er und setzte sich auf die Kante des Bet-tes. Ich rutschte wieder runter und legte mich hin. „Macht nichts. Wie spät ist es?“ Er lehnte sich auf seinen linken Arm und streichelte meine Hand. „Gleich halb sieben.“ Ich erschrak erneut. „Was?“ Er drückte mich wieder auf mein Kissen. „Wir essen heute hier. Janette hat alles arrangiert.“ Ich musste unwillkürlich lächeln. Die liebevolle Janette! „Und Niju?“, fragte ich. Er lächelte. „Die auch. Um acht wollte Janette das Essen bringen, ich glaube sie möch-te nach dir schauen.“ Ich sah ihn nachdenklich an. Wusste er etwa davon? Zu weiteren Überlegungen oder der Möglichkeit, ihm die Frage zu stellen, kam ich aber nicht. Er beugte sich zu mir und küsste mich. Einfach so! Und es war so schön. Ich legte mei-ne Arme um seinen Hals und er zog mich hoch. Mitt-lerweile machte es mir auch nichts mehr, dass ich „nur“ dieses Top oben trug.
Als wir uns trennten, lächelte er mich kokett an. Ich verlor mich in diesem Blick und küsste ihn gleich noch mal. Er zog mich an sich und erwiderte den Kuss. Ich schloss die Augen und ließ mich dahin gleiten. Sein Kuss wurde immer intensiver, und ich ließ mir das gefallen. Ich fühlte mich sicher und be-hütet. Bis er mich aufs Kissen warf. Ich wich ihm aus. „Nico, jetzt nicht! Was soll das?“, fragte ich a-temlos. Am meisten hatte ich aber davor Angst, dass er den Schriftzug entdeckte. Er ergriff meine Arme und setzte sich neben mich. „Sorry.“ Er sah betreten auf den Boden. „Es überkommt mich einfach.“ Ich sah ihn entsetzt an. „Hast du denn...“ Er schüttelte schnell den Kopf und schnitt mir damit das Wort ab. „Aber ich bin ein pubertierender Junge. Die sind da ganz scharf drauf.“, grinste er dann. Ich seufzte und legte mich auf den Rücken. „Ich nicht.“, stellte ich klar. Nico nickte und legte sich neben mich. „Ja, ist ja gut.“ Da klopfte es und er war fluchs wieder aus mei-nem Bett heraus gekrochen. Es war Janette mit dem Essen. „Hallo ihr Beiden!“ Sie warf die Tür mit dem Bein zu und stellte das Essen auf den kleinen Tisch. „Ich soll euch von Nijura sagen, dass sie auf dem Weg ist.“ Sie lächelte uns an. Ich setzte mich auf. „Hallo Janette.“ Sie war schon wieder bei der Tür. „Und tschüss, Angie!“, lachte sie und verschwand. Nico zog mich hoch und zum Essen. Es war warm. Ich schnupperte und setzte mich. Nico lachte. In dem Moment kam Niju rein. „Na, was ist so lustig?“ „Nichts!“, mampfte ich mit vollem Mund. Niju zog eine Augenbraue hoch, bewahrte aber Anstand und fragte nicht nach. Sie setzte sich hin und nahm sich einen Teller. Nico tat es ihr gleich. Verlegen verlang-samte ich mein Essen, denn während sie gerade an-fingen, war ich fast fertig.
Nach dem Essen bot sich Nico an, die Teller wegzu-bringen, was Niju und ich dankend annahmen. Kaum war er aus der Tür, wurde ich mit Fragen über-schwemmt. „Und?“ „Was und?“ „Na, wie ist es, mit ihm zusammen zu sein?“ Ich verdrehte die Augen. „Wie ist es mit Max? Genauso.“ Niju seufzte ver-träumt. „Wunderschön. Und wie küsst er?“ Ich dachte nach und schloss die Augen. „Sanft...“ Ich hörte Niju seufzen. Lachend sah ich sie an. „Na na.“ Niju ki-cherte und kurz darauf lagen wir am Boden vor La-chen. Als Nico ins Zimmer kam beruhigten wir uns halbwegs. Er sah uns irritiert an. „Ist was?“ Ich schüt-telte den Kopf. „Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Mäd-chen.“ Ich lachte und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Jungs.“ Er lachte kurz auf und legte den Arm um mich. Ich kuschelte mich an ihn.
Irgendwann verschwand er in sein eigenes Zimmer, und wir gingen schlafen.
Am nächsten Morgen stand ich, wie immer, als erste auf und ging ins Bad. Nachdem ich fertig war, weck-te ich meine Freundin. Die murmelte nur ein bisschen und schlief weiter. Kopfschüttelnd verließ ich mein Zimmer und nahm Kurs auf den Esssaal. Als ich an der geheimen Kammer vorbei ging, hörte ich Gemur-mel. Ich blieb stehen und lauschte. Drinnen schienen einige Geister heftig zu diskutieren. Ich lehnte mein Ohr an die Wand. „Wir können das nicht mehr fort-führen! Schließlich haben wir damit nichts zu tun.“ „Und nur weil die große Meisterin es nicht hinkriegt, dem Kampf selber zu organisieren, müssen wir nicht mehr länger den Kopf herhalten!“ „Brüder und Schwestern! Ich bin dafür, dass wir das Schwert nie-derlegen. Wer stimmt dafür?“ Man hörte einige Zeit Gemurmel. Schließlich erhob jemand seine Stimme. „Wir sind dafür.“ „Sehr gut!“, hörte ich die Stimme mit dem Vorschlag sagen. „Gleich morgen werde ich zu der großen Meisterin gehen und ihr das verkün-den. Lasst uns anstoßen auf unsere zukünftige Unabhängigkeit!“ Man hörte Gläser klirren und laute Zustimmungsrufe. Schließlich hörte man eine sanfte, leise Stimme. „Außerdem hat die Auserwählte bereits die Selbsterkenntnis durchgeführt. Sie wird auf ihre Aufgaben zu gegebener Zeit vorbereitet werden!“ „Sehr gut. Bald wird die Welt sich ändern!“ Ich hörte laute Rufe und Schreie und flüchtete zum Essraum. Dort bekam ich seit langer Zeit wieder das Gefühl, dass mich das Portrait beobachtete. Ich wandte krampfhaft ihm den Rücken zu und aß still meine Brötchen. Auch als Nico den Raum betrat, schenkte ich ihm nur einen kurzen Blick und verließ den Raum, um zum Unterricht zu gehen.
Den ganzen Tag ging mir die Unterhaltung nicht aus dem Kopf. Und als ich nach dem Mittagessen immer noch nachgrübelte, beschloss ich, mich gründ-lich mit Margit zu unterhalten. Ich stand auf und verließ unser Zimmer mit den Worten „Komme bald wieder“ und ignorierte Nijus überraschtes Gesicht.
Ich stand vor der Kammer. Wie sollte ich jetzt mit ihr sprechen? Hinein gehen konnte ich schlecht, oder spa-zierte man einfach so in eine geheime Kammer voller Geister hinein? Ich setzte mich an die Wand und übte mich im Hypnotisieren. Plötzlich ging die Tür auf. Ich schrak zusammen. „Ah ja!“ Margit schwebte vor mir und sah mich amüsiert an. „Na, hast du uns be-lauscht?“ Ich runzelte die Stirn? „Hä?“ sie kicherte. „Heute Morgen!“ Ich zögerte kurz, dann nickte ich aber. „Ihr wart ja nicht zu überhören!“ Sie setzte sich neben mich. „Und du wolltest mich fragen, was es damit auf sich hat?“ Ich nickte. „Ganz genau.“ Sie senkte den Kopf. „Ich darf es niemandem sagen. Auch nicht einer Freundin, Angelika.“ Ich seufzte und stand auf. „Gut. Und wenn ich mal so mit dir sprechen möchte, was mach ich dann?“ Sie grinste mich an. „Wir stellen dich ihnen einfach jetzt vor.“ Sie sprang auf und ergriff meine Hand. „Stopp, Margit!“ Sie hielt inne. „Was ist?“ Ich holte tief Luft. „Können wir das auf morgen verschieben? Sonst fragt sich Niju wo ich bin.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Morgen um neun hier.“ Sie winkte mir zu und verschwand. Ich stöhnte leise auf. Neun! Um zehn musste ich auf meinem Zimmer sein. Wer hatte Aufsicht? Bei Janette wäre es okay, da war ich mir sicher. Aber angenommen, die Direktorin kontrollier-te?
Ich ging wieder ins Zimmer. Niju sah mich von der Seite her an. „Ich frag jetzt nicht, wo du warst.“ Ich schüttelte den Kopf. „Du hältst mich eh für verrückt.“ „Wetten nicht?“ Natürlich würde sie das denken. Und weil ich das wusste, drehte ich mich zu ihr. „Ich habe mich mit meiner Geisterfreundin getroffen, die ich heute morgen bei einer Versammlung aus Versehen belauscht habe und mich mit ihr für morgen Abend verabredet, da sie mich den anderen vorstellen will.“ Niju tippte sich, wie erwartet, an de Stirn. „Du spinnst.“ Ich drehte mich zufrieden wieder um. „Sag ich doch!“
Am Nachmittag des nächsten Tages wurde ich auf dem Weg zum Kaffee von jemandem festgehalten. „Angie!“ Ich drehte mich überrascht um. Natascha stand vor mir. „Hallo Natascha!“ Sie lächelte. „Ich dachte, du würdest vielleicht gerne weiterforschen.“ Ich überlegte kurz. Schließlich hatte ich abends eine sehr wichtige Verabredung. Außerdem musste ich noch Hausaufgaben machen und aufräumen. „Ja gerne!“ Sie strahlte und ich schlug mir innerlich auf den Hinterkopf. Jetzt musste ich morgen aufräumen, und dazu hatte ich überhaupt keine Lust. Null! Ich folgte ihr in die Bibliothek. Während ich mich an den Tisch setzte, holte sie das Buch vom letzten Mal und schlug es auf. Doch diesmal gleich Kapitel 36. „Das wolltest du lesen oder?“ Ich nickte langsam. Ja, letztes Mal. Jetzt nicht. Aber um sie nicht zu enttäuschen, fing ich tatsächlich an zu lesen.

Kapitel XXXVI- Paarungsregeln der Vampire

1. Grundwissen
Nach dem Studieren der Tabelle und den weitern Er-lauterungen auf Seite 510 sollten die allgemeinen Mischungen bekannt sein. Jedoch werden sie hier noch einmal zusammengefasst: Die Reinheit des Blutes darf nicht verringert werden. Wird sie es doch, muss mit schweren Strafen, ggf. sogar der Verban-nung, in schlimmen Faellen auch mit der Todesstra-fe gerechnet werden.

1. II. Die Strafen
Die schlimmste der Strafen ist die Todesstrafe. Sie wurde in den letzten drei Jahrhunderten aber nur zweimal angewendet.
Die erste war im XIV. Jahrhundert, als Königin Ze-raphina eine Tochter gebar, die aber nicht reinblütig war. Der Vater (ein Mensch, Vollblut) wurde infolge eines Vergessenszaubers aus unserer Welt verbannt. Zeraphina wurde öffentlich hingerichtet.
Das zweite war im XX. Jahrhundert. Katara I. wurde aufgrund ihrer Organisation ihrer Rebellengruppe hingerichtet. Beides erfolgte durch eine Köpfung.
Ihre Tochter wurde von Leo aufgezogen.
Ansonsten weisst unsere Geschichte nur eine Ver-bannung auf:
Prinzessin Katara (II) wurde nach der Uebernahme der Leitung der Rebellengrube von Leo auf ewig ver-bannt und als vogelfrei erklaert. Sie floh vermutlich nach Deutschland.

Hier hörte ich auf, zu lesen. Das passte alles auf Ja-nettes Erzählung. Als ich mich umdrehte, war Nata-scha weg. Ich zuckte mit den Schultern und las wei-ter.

II. Die Regeln
Generell sind bei einer Schwangerschaft in adligen Kreisen zu melden:
1. Vater
- Rasse
- Stammbaum über drei Generationen
- Blutstatus (bei jeder Generation einschlisslich des Vaters)

2. Mutter
- Rasse
- Stammbaum über drei Generationen
- Blutstatus (bei jeder Generation ein-schliesslich der Mutter)

3. Voraussichtliches Geburtsdatum✳

4. Voraussichtliches Geschlecht des Kindes✳✳


Wird ein Punkt ohne jegliche Begruendung ausge-lassen, gilt das als versuchter Betrug und wird be-straft.

✳seit 1960
✳✳seit 1970
III. Die allgemeinen Regeln

III . I . Beide Elternteile müssen ein- und derselben Art angehören: den Vampiren. Rassen, wie Nacht- oder Tagvampire müssen nicht übereinstimmen, müssen aber bei einer Meldung einer Schwanger-schaft aufgefuehrt werden.

III . II . Bei der Geburt muss die Mutter mindes-tens XXIV Jahre alt sein, der Vater ebenso. Vorher liegt keine geistliche Volljaehrigkeit vor.

III . III . Sobald die Schwangerschaft bekannt ist, muss sie gemeldet werden.

III . IV . Es darf keine Verwandtschaft zwischen den Eltern vorliegen, wenn folgende Punkte zu-treffen:
- Beide Elternteile gehören der gleichen Rasse an
- Beide Elternteile leben am selben Hof/Gestüt/Anwesen etc

III . V . Nach der Geburt faellt das Erziehungsrecht dem Vater zu, wenn eine Volljaehrigkeit vorliegt. Andernfalls faellt sie dem Vater des Vaters zu, bzw. dessen Vater. In jedem Fall muss der Berech-tigte der vaeterlichen Linie entstammen und di-rekt mit dem Vater des Kindes verwandt sein

III . VI . Bei Missachtung dieser weltweit aner-kannten Gesetze wird im Grossen Rat über eine Strafe beraten. Waehrend dieses Prozesses müssen die Eltern ueberwacht werden.

Die Ueberwachung der Einhaltung muss jeweils vom regierenden Herrscher (politischer) durchge-fuehrt und ueberwacht werden. Bei Nichteinhal-tung dieser Aufgabe, wird ihm das Herrscherrecht aberkannt und ein Nachfolger bestimmt.


Draußen war es dunkel geworden, durch das Fenster schien nur noch der Mond. Gähnend stellte ich das Buch zurück an seinen Platz. Ich war nicht sehr viel schlauer geworden. Überhaupt, was sollte das hier al-les bringen? Ich hatte absolut keine Ahnung. Es ver-unsicherte mich. Ich schlurfte zurück in mein Zim-mer. Immerhin konnte ich jetzt noch ein bisschen aufräumen.

Sie bemühte sich, gut voran zu kommen. Hier wäre eine Kutsche oder gar ein Auto zu auffällig gewesen. Außerdem war der Weg schlammig und dreckig, es regnete pausenlos. Aber das hatte sie erwartet. Leo hat-te halt eine sehr diskussionswürdige Herrschaftsauf-fassung.
Schließlich sah sie ein Licht. Erleichtert erhöhte sie ihr Tempo. Ihr Mantel war von oben bis unten dreckig und sie bis auf die Haut durchnässt. Sie sehnte sich nach Wärme. Hätte sie das bloß nicht angefangen! Dann säße sie jetzt gemütlich am Kamin...und wäre an Leo gefesselt. Wie alle anderen. Nein, es war schon richtig, was sie hier tat. Und wenn sie ihr Ziel er-reichten, würde alles besser werden, wirklich alles.
Da schoss neben ihr ein Pfeil in den Baum, er hatte sie nur knapp verfehlt. Sie warf sich auf den Boden. Über ihrem Kopf schoss eine Kugel vorbei. Sie robbte trotz des Schlammes weiter. In weiter Ferne konnte sie schon die dunklen Umrisse eines Hauses ausma-chen. Zweihundert, vielleicht dreihundert Meter noch, die ihr die Sicherheit verwehrten. Ein weiterer Pfeil gefolgt von einer Kugel verfehlte sie nur knapp. Dann blieb es kurze Zeit still. Sie lauschte auf die Umge-bung und ließ ihren Geist ausschwärmen. Doch sie spürte rein gar nichts. Nur die Bäume, Büsche und ängstliche, von den Waffen aufgescheuchten Tiere. Vorsichtig hob sie den Kopf. Sie zitterte vor Schreck, versuchte aber, Ruhe zu bewahren. Leise und vorsich-tig stand sie auf. Sie hörte nur die Regentropfen. Dann begann sie, einen Schritt zu tun. Sie blieb wieder stehen und lauschte. Ein Knacken. Ihre Augen suchten die Umgebung ab, doch sie konnte nichts erkennen. Da plötzlich stürmte jemand aus dem Ge-büsch. Sie schrie laut auf, als er ihren Arm zu fassen bekam. Sie entriss ihm ihn und rannte, um ihr Le-ben. Um sie herum tauchten immer mehr Vampire auf. Alle mit Pfeil und Bogen ausgerüstet, einige hatten Pistolen. Um sie herum ging ein Pfeilhagel herunter, so dass sie kurz stehen bleiben musste. Ihre Verfolger holten auf. Sie schloss die Augen, schickte ein Stoßgebet zum Himmel und rannte, direkt durch die Pfeilwand. Sie stolperte, ein Papier fiel aus ihrer Tasche. Doch sie konnte sich nicht umdrehen, es wäre ihr sicherer Tot gewesen. Ein stechender Schmerz zuckte durch ihre linke Brust. Sie riss den Pfeil her-aus. „Immerhin wissen sie, wo sie hinschießen müs-sen“, murmelte sie und hastete, trotz der großen Schmerzen weiter. Doch sie kam nicht weit. Jemand riss sie zu Boden. Noch hundert Meter trennten sie vom Haus, wo ein Licht anging. Sie schlug blind um sich. Der Jemand neben ihr ging mit einem Schrei zu Boden. Ohne sich weiter umzusehen rannte sie weiter. Die Haustür wurde aufgerissen. „Schnell komm!“ Sie kratze ihre letzte Kraft zusammen und setzte zu ei-nem Schlussspurt an. Kurz vor der Tür spürte sie einen Stich im Rücken. Mit einem Schrei ging sie zu Boden. Gleich darauf traf ein Pfeil erneut die lin-ke Brust. Die junge Frau in der Tür schützte sich mit den Armen, rannte zu ihr und zog sie ins Haus. Die Tür konnte sie gerade noch rechtzeitig schließen, dann prallten die Pfeile an die Tür. Sie pfiff, und zwei junge Mädchen nahmen ihr die Verletzte ab. Schnell verriegelte sie die Tür und drückte auf einen Knopf. Die Fenster und Türen wurden von Panzer-scheiben verriegelt. Dann kümmerten sie sich um die Verletzte. Nachdem sie ihr den Mantel ausgezogen hatten, versorgten die Mädchen die Wunde, während die Frau den Mantel durchsuchte.
Als die Verletzte wieder bei Bewusstsein war, waren ihre Wunden versorgt, sie saß in Decken gehüllt und blass am Feuer. Ein Mädchen brachte ihr Suppe und Tee. Die Frau nahm ihr gegenüber Platz. „Was ist passiert, Janette?“ Janette schüttelte verzweifelt den Kopf. „Wir müssen einen Verräter in unseren Reihen haben. Sie müssen auf alles vorbereitet gewesen sein. Sogar meine Magie konnten sie abschirmen.“ „Wo ist der Brief?“ Janette ließ den Kopf sinken. „Weg. Sie müssen es genau darauf abgesehen haben.“ Die Frau lehnte sich zurück, die Augen geschlossen. „Dann müssen wir Ihr Bescheid sagen. Hast du jemanden erkannt?“ Janette versuchte, sich zu erinnern. „Einen Moment dachte ich, das Joren dabei war....“ „Joren? Bist du sicher?“ Janette schüttelte den Kopf. „Nein, es ist nur eine Vermutung.“ „Aber es wäre doch mög-lich.“ Die Frau lehnte sich zurück. „Er wusste davon.“ Janette aß wortlos weiter. Schließlich stand sie auf. Die Frau räumte das Geschirr beiseite. „Ich habe dein Bett schon fertig gemacht.“ Janette warf ihr einen dankbaren Blick zu und verschwand. Die Frau räumte noch weiter auf. Der Beschuss hatte aufgehört. Jetzt klopfte jemand an die Tür. Dreimal kurz, ein-mal lang und dann fünfmal kurz. Die Frau öffnete die Tür. Draußen stand eine junge Dame, hellbraune Haare, fast bis zur Taille, dunkle, braune Augen und einen freundlichen Mund fielen als erstes auf. Sie legte die Hand an die Brust und fuhr einen kleinen Bogen nach oben. „Sie gegrüßt.“ Die Frau verneigte sich vor der Besucherin und erwiderte den Gruß. „E-benso, Schwester.“ Die Dame trat ein und setzte sich an den Platz, wo Janette in den letzten Minuten ge-sessen hatte. „Ist Janette schon da?“ Die Frau nickte. „Ja, aber sie wurde angegriffen, wobei sie den Brief verloren hat.“ Ein kurzer Schmerz zuckte durch das Gesicht der Besucherin. „Wie geht es ihr?“, fragte sie besorgt. Die Frau zuckte mit den Schultern. „Sie ist im hinteren Schlafzimmer. Ihre Wunden sind ver-sorgt.“ Die Dame stand auf und verließ den Raum und klopfte an die Tür zu Janettes Zimmer. „Her-ein?“ Vorsichtig öffnete sie die Tür. „Janette?“ Die Angesprochene erhob sich und machte die traditionelle Begrüßungsbewegung, gefolgt von einer kleinen Verbeugung. Die Dame erwiderte es, aber ohne die Verneigung. „Ich habe von dem Zwischenfall gehört.“ Janette nickte. „Ich habe leider keinerlei Informationen für Euch.“ Die Dame nickte und setzte sich auf einen Stuhl. Janette stand mit leicht erröteten Wangen von dem Sessel auf. „Wollt Ihr euch hier hin setzen?“ Die Dame sah auf. „Was? Nein, nein. Wieso siezt du mich?“, fragte sie dann leise. „Hier hört doch keiner zu.“ Janette seufzte. „Gut.“ „Hast du jemanden erkannt? Irgendwelche Vermutungen?“ Janette schüttelte den Kopf. „Im ersten Moment habe ich gedacht, das Joren dabei war.“ Die Augen der Dame weiteten sich. „Joren?“ Janette setzte sich gerade hin. „Ich habe mich vermutlich getäuscht!“, sagte sie hastig. Die Dame sah nicht beruhigt aus. „Angenommen, dass es Joren war, dann...“ „...muss James auch in die Sache verwickelt sein, ja. Aber ich sage doch, es ist nur eine Täuschung gewesen.“, beendete Janette den Satz. Die Dame nickte langsam. „Aber das mal nur so dahin gestellt. Hoffen wir dass es nicht so ist.“ Janette nick-te. Die Dame war noch nicht auf den Punkt gekom-men, den sie eigentlich an allererster Stelle erwartet hatte. „Wie geht es eigentlich...Angelina?“, fragte die Besucherin und bemühte sich, das so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. Janette konnte nicht an-ders, sie musste grinsen. „Gib es zu, deshalb bist du her gekommen.“ Die Dame protestierte sofort. „Nein, aber wo ich schon mal da bin?“ Janette lächelte. „Gut.“ Die Dame sah sie gespannt an. „Ja und?“ Janette grinste. „Ja, sie hat bereits die Erkennung durchge-führt.“ Sofort fiel sichtlich die Anspannung von Ja-nettes Besucherin ab. „Gut.“ Sie rieb sich die Hände. Janette sah sie nachdenklich an. „Du vermisst sie, oder?“ Die Dame zuckte zusammen. Und Janette wusste, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. „Ja, ein bisschen. Gelegentlich, eigentlich nie.“ Ihre Besucherin stand auf. „Ich gehe, ihr werdet von mir hören.“ Janette nickte. Kurz darauf war sie alleine.
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 9. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:11 am

9. Kapitel

Ich schmiss den letzten Becher in den Müll und be-trachtete mein nun vollendetes Werk. Unser Zimmer war blitzblank aufgeräumt. Ich rieb mir die Hände. Jetzt setzte ich mich an meinen Schreibtisch (der auch ordentlich war), um meine Hausaufgaben zu beenden, die ich vorhin zugunsten des Aufräumens hatte ruhen lassen. Aber ich musste eine Allergie ge-gen das Zeug haben, sobald ich anfing, für die Schule etwas zu schreiben, musste ich mich höllisch kratzen. Okay, zugegeben, das konnte auch daran liegen, dass ich vor Verzweiflung immer Gummibär-chen vor den Hausaufgaben in mich reinstopfte, und die konnte meine sowieso empfindliche Haut nicht gut haben. Ich gab es endlich auf. Warum musste ich Bücher wälzen, nur um einen einzigen Namen he-rauszufinden? Ehrlich, das war doch Quatsch! Ent-schlossen legte ich meinen Federhalter auf den Tisch und stützte meine Arme auf. Jetzt würde ich, jeden-falls für diese Hausaufgabe, keinen Finger mehr rühren!
Aber ich hielt das nicht durch. Nach zehn Minuten konnte ich nicht mehr und machte stattdessen andere Aufgaben, die noch anstanden.
Um acht kam Niju ins Zimmer. Ich saß an ihrem Laptop und surfte im Internet. Ich gab immer ir-gendwie sinnlose Sachen in Google ein, trieb mich in diversen Foren herum, aber sinnlos erschien mir das überhaupt nicht. Niju ließ sich auf ihr Bett sinken. Ich sah sie skeptisch an. „Willst du dich nicht umzie-hen?“ Niju lachte lauthals. Was war daran bitteschön lustig? „Ich geh doch nicht um acht ins Bett!“ Ach so. Ich wandte mich wieder dem Laptop zu. „Ach übri-gens...Nico hat dich gesucht. Er ist unten in seinem Zimmer.“ Ich nickte. Mein Blick wanderte aus dem Fenster. In Gedanken an meinen Plan nachher wurde mir ein bisschen komisch im Bauch. Man geht ja nicht mal eben so in eine Geisterstadt, oder? Ich stand auf und schaltete das Gerät aus. Ohne ein weiteres Wort verließ ich unser Zimmer und ging zu Nico. Er warf mit seinem Zimmergenossen einen Gummiball von einem Bett zum anderen. Schien wohl sehr lustig zu sein. Ich lehnte mich an die Wand und schloss die Tür. „Hast du meine Gegenwart registriert?“, fragte ich leicht süffisant. Nico hielt inne und kletterte aus seinem Bett. Er kam zu mir und küsste mich auf die Stirn. „Nein, wer bist du?“ „Spaßvogel.“ Ich küsste ihn auf den Mund. „Was ist denn? Niju hat erzählt, dass du nach mir gesucht hättest.“ Er trat einen Schritt zurück. Ich setzte mich auf sein Bett. „Na ja, ich habe nur gefragt, wo du bist, sonst nichts.“ Ich legte mich auf den Rücken. „Ach so.“ Nico grinste und warf sich neben mich. Sein Kamerad folgte un-serer Unterhaltung mit einem unauffälligen Grin-sen. Ich rückte instinktiv ein Stück von ihm weg. Nico strich mir über den Arm. „Du störst aber nicht.“ Ich setzte mich auf. „Gut.“ Nico warf den Ball zu sei-nem Zimmergenossen. „Das ist David.“ Ich nickte ihm zu. Er sah amüsiert zu Nico. „Mensch, ich wuss-te gar nicht, dass du ne Freundin hast. Sonst bist du doch so gegen feste Beziehungen.“ Ich hielt den Atem an. Mein Blick wanderte zu Nico. „Quatsch, erzähl nicht so viel.“, sagte er grob. Er zog mich an sich. „Das stimmt nicht.“ Ich nickte langsam. „David er-zählt viel, wenn der Tag lang ist.“ Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und schloss die Augen. „Du bist ganz kalt.“, sagte er leise. Ich zuckte mit den Schultern. Aber das reichte ihm nicht. Er legte mich vorsichtig ab. Meinen Versuch, wieder aufzustehen, wiegelte er nieder und drückte mich in die Kissen. Er zog die Decke über mich. David stahl sich leise aus dem Zimmer. Ich seufzte regnisiert und kuschelte mich in sie. Er lächelte und legte sich neben mich. Ich rückte an ihn ran. Nico legte seine Arme um mich und zog mich an seine Brust. Zufrieden schloss ich die Augen. So hatte ich mir früher immer eine Bezie-hung vorgestellt.
„Hast du schon weiter gelesen?“ Ich blinzelte zu ihm. Musste das ausgerechnet jetzt sein?
„Ja, habe ich. Aber so viel schlauer als du bin ich be-stimmt nicht.“ Er nickte. „Hast du Kapitel 36 gele-sen?“ Ich sah ihn verwundert an. „Woher weißt du, dass es Kapitel 36 ist?“
„Ich habe es auch gelesen.“ „Sind deine Vorfahren nicht Elfen?“ Er nickte. „Ja, zum Teil. Meine Groß-mutter ist auch Vampirin.“ Ich nickte verständnis-voll. „Aha.“ Dann schloss ich wieder die Augen.
Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn Nico weckte mich irgendwann. Ich schreckte hoch, als er mich kitzelte. „Nico!“ Er grinste. „Es ist neun, Darling, du musst gehen.“ Ich setzte mich auf. „Hab ich wirklich geschlafen?“
„Ja!“ David saß auf seinem Bett. „Bis eben.“
Nico half mir hoch und schob mich zur Tür. „Wir se-hen uns.“ Er küsste mich noch einmal, dann stand ich draußen.
Ich stand noch eine Weile draußen, dann aber ging ich zu meinem Zimmer. Die Turmuhr schlug neun. Na gut, dann würde ich direkt auf Margit warten. Ich setzte mich an die Wand und schaute unentwegt auf die geheime Tür. Ungefähr, aber wenigstens in die Richtung. Da ging sie auf und Margit schwebte her-aus.
„Angelika, schön dass du da bist.“ Ich stand auf und klopfte mir die Hose ab. „Ich...bin schon sehr ge-spannt.“ Hoffentlich fiel ihr nicht auf, dass es nur die halbe Wahrheit war.
Sie deutete mit dem Kopf zur Tür. „Kommst du?“ Ich nickte und folgte ihr.
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 10. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:11 am

10. Kapitel
Drinnen war ein riesiger Gang. Er war nach oben hin rund, die Mauern waren aus Sandstein. Er wurde von hellen Fackeln erleuchtet, die ihm ein helles, aber auch mystisches Licht verliehen. Ich sah mich desin-teressiert um. Vom Hauptgang gingen mehrere Gän-ge ab, manchmal sogar Türen. Je weiter wir gingen, desto mehr Geister trafen wir, die Margit grüßten und mich neugierig ansahen.
„Gibt es hier auch Häuser?“, fragte ich schließlich. Margit nickte. „Nein. Hier ist eigentlich nur unser Hauptquartier, hier tagt der Geistersenat, die Köni-gin richtet Feste im großen Saal aus. Aber im Wald gibt es ein Tor, und dahinter steht unsere Stadt „Ville de roi“. Dort steht das Schloss der Königin. Daher auch der Name.“ Ich nickte.
„Und kann man durch das Tor einfach so hindurch gehen?“ Margit wiegte den Kopf.
„Es ist kein Tor in dem Sinne. Es ist eine alte Ruine, die früher Leo gehörte. Er zerstörte unseren Eingang, und da haben wir den Eingang in die Ruine verlegt. Wenn man das Verließ 111 betritt, kommt man auf direktem Wege in unsere Stadt.“ Mir kam ein Ge-danke. Möglicherweise war es dieselbe Ruine, die ich gesehen hatte. „Und kann da jeder rein?“
Margit lachte.
„Nein, das wäre ja verhängnisvoll. Nur bestimmte Rassen können es betreten. Geister natürlich. Dann Menschen mit allen fünf Geisteraffinitäten. Vampi-re, die von Katara abstammen.“ Ich beruhigte mich ein bisschen. Ich musste nicht unbedingt von Katara abstammen, schließlich besaß ich alle fünf Geisteraf-finitäten.
„Margit...können Affinitäten vererbt werden?“
Der junge Geist ließ sich reichlich Zeit. So lange, dass ich eigentlich nicht mehr mit einer Antwort ge-rechnet hatte.
„Ja und nein. Der Legende nach soll es eine Weise ge-ben, eine Göttin, die bei der Geburt eines Wesens ent-scheidet, ob es einer Affinität würdig ist. Wenn sie Großes in jemandem sieht, kann es sein, dass sie ihm alle fünf Geisteraffinitäten verleiht. So wie in dei-nem Fall. Aber wenn die Eltern Affinitäten besitzen, kann es auch in seltenen Fällen vorkommen, dass sich das Erbgut überträgt. Das ist aber nur möglich, wenn beide Elternteile alle Affinitäten besitzen.“
Ich beschloss, mich damit nicht weiter auseinander-zusetzen.
Wir kamen an eine große Treppe. Sie führte in einen großen, beinahe riesigen Raum. Hier liefen lauter Geister umher, manche gemütlich, manche eilten bei-nahe. Viele deuteten zu mir und mir wurde ein wenig mulmig.
Margit schwebte munter die Treppe hinunter, ich folg-te ihr. Sie grüßte einige, die knicksten und mir neu-gierige Blicke zuwarfen. Ich bemühte mich, mir die Unbehaglichkeit nicht anmerken zu lassen und lä-chelte freundlich zurück. Margit
Steuerte einen kleinen Nebengang an. In der Mitte des Raumes stand ein Wegweiser, wenn ich dem Glauben schenken sollte gingen wir zum Tagungs-raum.
„Margit, wo sind wir?“
Sie lächelte.
„Im Rat, Angelika.“
Aha, das sagte mir aber viel. Ich folgte ihr. Bald ka-men wir an eine große Tür. Der Gang war zu Ende, hier war kein Geist mehr. Hinter der Tür war es sehr laut, anscheinend wurde dort heftig diskutiert. Mar-git öffnete die Tür und schwebte hinein. Sie ergriff meine Hand und zerrte mich in den Raum, da ich vor der Tür stehen geblieben war. Nun war es fast leise im Raum. Es waren viele Sitze, in der Mitte des run-den Raumes war ein Rednerpult, wo ein Geist stand. Er erinnerte mich an Mozart. Als wir eintraten, schauten viele auf, murmelten etwas. Der Redner er-griff das Wort. „Ich grüße Euch, Margit. Ihr bringt Besuch? Ein Mensch?“ Margit schüttelte den Kopf. „Angelika ist...“
„Ich bin ein Vampir!“, sagte ich selbstbewusst. „Und heiße eigentlich Zarina “, fügte ich noch dazu. „So hat mich meine Mutter getauft.“ Ein Raunen ging durch die Menge. Ich hörte, wie viele meinen Namen aussprachen und komische Zeichen machten.
Der Mozart-Geist erhob seine Stimme erneut.
„Warum ist sie hier, Margit?“ Margit flog nach vorne und zog mich hinter ihr her. „Sie besitzt, wie ihr seht, alle fünf Affinitäten.“
Ein weiteres Raunen.
„Ich finde, dass sie in den Kreis aufgenommen wer-den muss.“ Auf diese Bemerkung folgte ein heftiger Wortwechsel. Alle riefen durch einander und keiner verstand irgendetwas. Der Mozartgeist rief laut durch den Raum. „Ruuuuhee!“
Augenblicklich war es still.
„Ich bin für eine Abstimmung. Wer ist dafür, dass sie aufgenommen wird, der möge die Hand heben.“ Lautlos reckten sich Hände in die Höhe. Und schließ-lich schlossen sich auch die letzten der Meinung an.
Ich war ein wenig verzweifelt. Ich hatte keine Ah-nung, was der Kreis, von dem sie sprachen, war. Des-halb wandte ich mich jetzt an Margit. „Was ist das?“, flüsterte ich. Sie lächelte. „Ein Kreis der Geistigli-chen. Alle, die fünf Geisteraffinitäten besitzen, tre-ten ihm in der Regel bei.“ Ich war wieder beruhigt. Wenn ich Mitleidende hatte, war ja alles in bester Ordnung. Der Mozartgeist bedeutete mir, ihm zu fol-gen. Margit stieß mich vorwärts. Etwas zögerlich ging ich dem Geist hinterher, der mich nach ganz vorne führte, wo an einem langen Tisch fünf Geister saßen. Einer sah älter als der andere aus. In der Mitte saß wiederum eine junge Frau (auch ein Geist, selbstverständlich) und reichte mir die Hand. „Vero-na.“ Ich nickte und ergriff die mir angebotene Hand. Sie war kalt, aber das war zu erwarten gewesen. „An-gelina.“
Der Mozartgeist pfiff einmal kurz, und hinter einem Vorhang traten zwei junge Männer hervor. Keine Geister wohlgemerkt.
Sie betrachteten mich neugierig. Ich bemühte mich, das zu ignorieren. Da das allerdings nicht klappte, ging ich in die Offensive und betrachtete die beiden eingehend.
Sie waren beide nicht sehr groß, so wie ich, vielleicht ein kleines bisschen größer. Auch das Alter kam hin, auf jeden Fall beim linken. Der rechte Junge mochte älter sein.
Der Mozart- Geist schwebte vor. „Bitte holt das Kissen und den schimmernden Kreis.“ Die Jungen machten große Augen, verschwanden aber hinter dem Vor-hang. Verona ergriff meine Hand. „Komm mit.“ Sie zog mich hinter ihr her. Ich stolperte fast, fing mich aber rechtzeitig.
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 11. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:21 am

11. Kapitel
Sie führte mich in einem Nebengang zu einem Raum. Kaum traten wir ein, da kamen schon aus allen Ecken kleine, schimmernde Wesen geflogen, ein bisschen durchsichtig und geflügelt. Sie hatten jede für sich einen farbigen Schimmer, der sie um-gab, wenn sie flogen folgte er ihnen. Ich tippte auf Elfen. Sie sprachen mit einer zarten, leisen Stimme. „Was sollen wir tun?“ Verona sah mich prüfend an. „Wir brauchen für sie ein Kleid für die Aufnahme.“ Die Elfen schwirrten aufgeregt umher. Ich besah mir den Raum. Er war groß, mit riesigen Fenstern. Die Vorhänge waren in einem samtigen Rot. Aber was am meisten heraus stach, waren die Spiegel. Tausende von Spiegeln waren an den Wänden, und wenn man an die Decke sah, konnte man nur sich selbst sehen, auch dort waren Spiegel. Selbst auf jedem zweiten Quadratmeter waren Spiegel. Der Raum erinnerte mich an den Geschichtsunterricht, wo wir den Son-nenkönig behandelt hatten. Hatte der nicht auch ei-nen verspiegelten Saal gehabt?
Verona schob mich weiter. Ich stolperte einen Schritt vorwärts. Mann, konnte ich mich nicht mal richtig benehmen? Überall benahm ich mich daneben.
Die Elfen kamen zurück. Sie trugen gemeinschaft-lich ein goldfarbenes, langes Kleid, aus dieser Ent-fernung sah es ein wenig aus wie Seide. Verona nahm es ihnen mit einem von mir nicht deutbaren Blick ab. „Ich danke euch.“ Die kleinen Elfen nickten und sahen mich erwartungsvoll an. „Am, ja danke.“ Verona lächelte und schob mich weiter in den Raum. Die Elfen flogen in einem Viereck nach oben. Und da sah ich noch etwas Verwunderliches.
Wo sie schwebten, entstand etwas. Sie flogen in der Vierecksformation nach oben, ungefähr zwei Meter hoch. Wo sie eben geflogen waren, stand ein...ja, so etwas wie ein kleine Kabine. Sie schimmerte in allen möglichen Farben. Vorne war ein beweglicher Vor-hang.
Verona schwebte darauf zu. „Sehr schön.“ Sie wandte sich zu mir um. „Komm, zieh dich um.“
Ich sah sie etwas verwundert an, ging aber auch ein wenig neugierig auf die Kabine zu. Verona drückte mir das Kleid in die Hand. „Hier.“ Ich zog den Vor-hang beiseite und trat ein. Hinter mir schloss er sich automatisch. Ich erschrak mich kurz, da er nicht sanft zuzog, sondern plötzlich geschlossen war.
Ich drehte mich wieder um und besah mir erst mal die Kabine. Sie war halb so groß wie unser Zimmer, ob-wohl sie von außen echt klein ausgesehen hatte. Das war aber auch nicht das einzige, was mich erstaunte. Drinnen glitzerte die Wand, und zwar in allen Far-ben. Es machte mich ein wenig kirre.
Deshalb beschloss ich, mich einfach umzuziehen und zog meine Bluse aus. Beim Top zögerte ich.
„Verona, kann ich Top und so unterlassen?“ Ich hörte nur Stille, bis auf das Summen der Elfen war nichts zu hören.
„Ich gebe dir was.“
Ich stöhnte innerlich auf. Das musste ja ein toller Kreis sein, wenn ich mir extra andere Sachen anzie-hen musste.
Da tauchte neben mir ein goldfarbenes, korsettähnli-ches Top auf. V- Ausschnitt, aber schlicht und ohne Rüschen. Daneben noch goldfarbene Schuhe, Stoff, schlicht und so ähnlich wie Gymnastikschuhe.
„Danke!“
Ich zog mich schnell um. Das Kleid saß auf Anhieb, leider bekam ich es nicht zu, am Rücken war eine Schnürung. Es war bodenlang, bis zur Taille eng und ging dann ein bisschen weiter auseinander. Es hatte einen runden Ausschnitt, Dreiviertelärmel die auch eng waren (wenn man das Kleid ganz anhatte).
„Verona...was mach ich denn mit der Schnürung?“, fragte ich ein bisschen verzweifelt.
Sie lachte leise. „Komm raus, ich helfe dir. Lass deine Sachen da.“
Ich verließ die Kabine, die sich hinter mir wieder schloss. Verona trat hinter mich und begann, die Schürung zu schließen.
Die Elfen flogen um mich herum. Eine schwirrte auf meine Schulter. „Wie heißt du?“ Ich verrenkte mir ein wenig den Kopf. „Angelina, magst du einfach auf meine Hand kommen? Dann sehe ich dich besser.“ Die Elfe lachte und flog auf meine flache Hand. „So bes-ser?“ Ich nickte. „Viel.“ Sie setzte sich hin. „Gefällt dir das Kleid?“ Ich nickte. Sie lächelte.
„Mir auch.“
„Seid ihr hier immer?“ Sie nickte und sprang auf, um ein paar Meter in die Luft zu fliegen.
„Wir....“ Sie kam wieder zurück „...sind die Elfen, und wir betreuen den Spiegelsaal.“ Ich stutzte. „Betreuen?“ Sie nickte. „Ja, der Raum lebt! Die Spie-gel verändern ihren Standort täglich. Der Raum ist voller Magie.“ Ich runzelte die Stirn. „Ist er gefähr-lich?“ Sie stand auf und stemmte die kleinen Arme in die Hüften. „Dank unserer Erziehung nicht. Sonst sind sie gerne ein wenig aufmüpfig. Sie las-sen die Spiegel verschwinden, die Kabinen...“ Ich riss meine Augen auf. Räume lebten? Die Elfe grinste. „Das ist kein Scherz. Aber wie gesagt, der hier ist ganz lieb.“ Ich nickte und sah mich um. Irgendwie bekam ich Angst, oder auch Panik.
Da rief Verona ein „Fertig!“ aus und ich nickte. Die Elfe flog von meiner Hand, über meinen Kopf. „Jetzt kommt das lustigste!“ Ich lächelte unsicher. Aber es war tatsächlich witzig. Im Spiegel sah ich, wie sich meine Haare frisierten. Ich bekam eine wunderschöne Hochsteckfrisur verpasst. Sie betonte mein Gesicht sehr. „Viel Spaß!“ Ich nickte. „Danke!“ Verona schob mich aus dem Raum und schloss die Tür. Sie ging voran. „Das Kleid steht dir gut, ich muss den Raum mal wieder loben.“, lächelte sie. Ich stöhnte. „Jetzt auch noch ein auswählender Raum. Mir reicht schon, dass er lebt.“ Verona lachte. „Spiegelräume sind lebende Räume. Sie suchen die Kleider aus, die jemand tra-gen sollte, zeigen es den Elfen die sie dann herstel-len.“ Ich sah an mir herunter. „Und die Räume neh-men über die Spiegel die Bilder auf?“ Verona nickte. „Ja, und schicken den Entwurf den Elfen. Manchmal zeigen sie ihnen die Kleider in den Spiegeln, manchmal schicken sie den Entwurf aber auch den Elfen in die Köpfe.“ Ich nickte. „Auch die Frisur?“ Sie nickte.
„Ja.“ Sie sah mich nachdenklich an. „Aber warum ausgerechnet dieses Kleid...“ Ich wollte nicht fragen, noch mehr Informationen konnte ich nicht mehr aufnehmen.

Wir kamen wieder in den großen Raum, und wie vorhin auch, drehten sich alle Köpfe zu mir um. Ein erneutes Raunen. Auch Margit fielen die Augen fast aus dem Kopf. Ich fühlte mich erneut unwohl. Der Mozartgeist nahm sich sein Monokel und hielt es vor sein Auge.
„Nun, wenn der Spiegelraum es für angemessen hält...“ Ich runzelte die Stirn.
„Was ist damit?“
Er lächelte. „Nichts. Komm mit, Zarina.“ Ich folgte ihm in die Mitte des Saales. Dort standen die beiden Jungen, die mich jetzt noch merkwürdiger betrachte-ten. Diesmal ignorierte ich es.
Auf den Kissen, die sie trugen, lagen mehrere Ge-genstände.
Auf dem ersten Kissen lag ein Messer. Ich musste bei dem Anblick schlucken. Das fing ja gut an. Auf zweiten Kissen lag ein Tuch. Weiß. Mein Magen zog sich zusammen. Hilflos starrte ich zu Margit, aber die schien immer nicht von meinem Kleid fasziniert zu sein.
Auf dem dritten Kissen lag ein Ring. Er sah golden aus, entweder war er wirklich aus reinem Gold oder er war vergoldet. Er hatte einen goldenen Schein, den ihn umgab.
Der Geist drehte sich zum Tisch um. Verona trat nä-her zu uns, schließlich stand sie neben mir, der ande-re Geist trat mit einer Verbeugung weg. Sie nahm das Messer. Es war totenstille im Saal. Mein Herz kl0pfte wie wild, und ich verfolgte jede ihrer Bewe-gung.
Sie hob es mit beiden Händen in die Luft.
„Göttin, ein weiteres Mitglied soll den Kreis erfreuen, dazu schenke ihr deine Segnung und erfülle sie mit deinem Geist.“ Ich schloss die Augen und stellte mich auf alles ein. Verona (oder irgendjemand ande-res) nahm meine Hand. Ich zitterte ein wenig. Dann spürte ich einen kleinen Schnitt in meiner Hand. Es tat nicht weh, aber ich öffnete die Augen. Tatsächlich hielt Verona meine Hand. Unter meinem Daumen prangte ein kleines, schwungvolles „Z“. Ich sah sie fragend an, aber sie war schon beim Tuch angelangt und drückte es darauf, um das Blut abzufangen. Sie sah konzentriert darauf.
„Nimm ihr Blut an und füge es dem Kreis bei.“
Sie ließ meine Hand los. Verona nahm nun den Ring und setzte ihn mir tatsächlich auf den Kopf. Er passte sich ihm an, auf jeden Fall fühlte es sich so an.
Sie nahm das Tuch von meiner Hand und mit der anderen, freien Hand nahm sie den ring von meinem Kopf. Sie lächelte, als sie dir Veränderung sah. Dann legte sie das Tuch um den Ring. Das Rot verschwand. Gebannt verfolgte ich alles. Sie setzte ring und Tuch wieder auf meinen Kopf.
Da durchfuhr mich ein Wärmeschwall. Ich erschrak, aber ich konnte mich nicht bewegen. Dann hörte ich eine Stimme, klar, leise und warm. „Zarina...“ Ich wurde verrückt, eindeutig.
„Zarina...erfülle deine Aufgabe und siehe dich vor. Nicht alles ist so wie es scheint...“ Dann war es vorbei. Ich schwankte sogar ein wenig. Ich bemühte mich, mich wieder zu beruhigen. Aber es war gar nicht so einfach. Verona nahm den Ring und das Tuch. Es war golden. Sie sah es mit aufgerissenen Augen an. Ich auch, aber sie hatte vermutlich einen anderen Grund. Ich hatte nämlich noch nie ein Tuch gesehen, das aussah wie eine Goldplatte.
Verona legte vorsichtig den Ring auf das dritte Kis-sen. Er erstrahlte in einem noch helleren und glän-zenderem Gold als zuvor. Ich starrte ihn an. Was war hier los? Wer hatte hier gerade mit mir gesprochen?
Verona nickte den Jungs zu, die mit den Kissen ab-traten. Auch sie hatten immer noch ganz verwunder-te und verwirrte Augen. Verona bedeutete mir zu fol-gen und trat nach vorne ans Rednerpult. Die, die das Tuch sahen, fielen fast in Ohnmacht, und das Rau-nen verwandelte sich in ein lebhaftes Gerede.
„Brüder und Schwestern!“ Es wurde wieder still.
„ Es gibt keinen Zweifel mehr. Dieses Mädchen ist Zarina, wie sie leibt und lebt. Die Göttin und auch der Spiegel haben ihr bewusst diese Farbe verliehen. Sie ist die Gesuchte, darauf können wir uns eini-gen.“ Ein einstimmiger Jubel ging durch die Reihen. Verona beugte sich zu mir. „Hast du eine Stimme gehört?“ Ich nickte unbehaglich. Sie trat einen Schritt vor mir zurück und sah mich unglaubwür-dig an. Dann hob sie eine Hand, woraufhin es leise wurde.
„Die Göttin hat mit ihr gesprochen. Was, soll sie für sich behalten. Uns soll dieses Wissen genügen, dass die Legende war ist.“ Ein weiterer Jubel.
Doch da trat mitten aus den Reihen eine mir bekann-te Person hervor. Janette. Ich starrte sie entgeistert an. Sie hob die Hände, es wurde wieder still. „Bitte schenkt mir eine Sekunde Gehör. Bevor ihr sie nun in die große Zeremonie zieht, fragt sie, ob sie lieber schlafen möchte. Falls ihr es vergessen habt, sage ich es euch: Sie erfährt in ihrem Leben gerade so viel neu-es, dass sie vielleicht noch gar nicht bereit ist. Lasst sie sich ausruhen und mich ihr einiges erklären. Viel-leicht möchte sie alles gar nicht.“
„Seid ihr einverstanden, wenn sie später wieder-kommt? Ich bringe sie zur nächsten Sitzung in einer Woche mit!“ Janette endete. Ich schenkte ihr einen dankbaren Blick. Sie zwinkerte mir zu.
Aus den Reihen kam ein Zustimmendes Gemurmel. Janette nickte. „Komm, ich habe deine Sachen.“ Ich ging zu ihr, drehte mich aber zu Margit um, die schnell zu schalten schien und uns folgte.
Wir verließen den Saal. Draußen ließ ich mich an die Wand sinken und schloss die Augen. Janette setzte sich neben mich. „Wie geht’s dir?“ Ich seufzte. „Mü-de.“ Janette half mir hoch. „Jetzt geht’s auch in die Falle.“ Ich nickte. „Woher bist du denn gekommen? Hast du auch die Affinitäten?“ Janette schwieg eine Weile. Dann hob sie zur Antwort an.
„Ich habe dich in deinem Zimmer und auch bei Nico nicht gefunden. Dann habe ich Margits Mann ge-troffen, der mir erzählt hat, dass du hier bist. Also bin ich zu dir gekommen um dich rauszuholen. Die große Zeremonie wäre so richtig anstrengend gewe-sen.“ Ich verzog das Gesicht. „So langsam kann ich keine Informationen mehr aufnehmen, was ich heute gehört habe, reicht mir vollkommen.“ Margit seufzte. „Entschuldige bitte, ich wusste nicht, dass sie so ein Gedöns drum machen.“ Ich lächelte. „Schon okay. Aber was mache ich jetzt mit dem Kleid?“
„Das behältst du. Es ist für dich angefertigt.“, misch-te sich Janette ein. Sie trug immer noch meine Sa-chen.
„Hast du dein Tuch?“ Ich sah sie verwirrt an.
„Das jetzt goldene? Nein.“
Janette blieb stehen.
„Ich hole es.“
„Nein, ich habe es hier!“ Margit zog es aus ihrem Kleid hervor.
„Verona hat es mir noch gegeben.“ Janette sah sie dankbar an.
„Vielen Dank.“ Sie nahm es und reichte es mir.
„Ich würde sehr gut drauf aufpassen.“
Ich nickte und umklammerte es fest. Was auch im-mer es genau war, wenn alle so entsetzt waren, wollte ich es behalten. Und davon mal abgesehen, war es ja auch schön.


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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:21 am

12. Kapitel
Die junge Frau in einem mittelalterlichen Kleid saß an einem langen, hölzernen Tisch, gedeckt mit den besten Sachen aus der Umgebung. Aber sie verspürte keinen Hunger. Nur ihm zuliebe nahm sie sich etwas von den Köstlichkeiten, aber selbst davon aß sie höchstens die Hälfte.
Die Mädchen schenkten ihr Wein ein, aber selbst das Getränk der Götter konnte sie nicht dazu bewegen, etwas zu sich zu nehmen.
Er sah sie nachdenklich an.
„Was ist denn los? Janette wird dir schon noch Be-scheid geben.“
Sie sah auf. „Ja, natürlich, aber ich habe trotzdem Be-denken, dass sie wieder in Gefahr gerät, wie neulich im Wald. Besonders jetzt, wo er uns voraus ist. Er weiß, wie die Antwort der Elfen ausgefallen ist, ich nicht. Janette hat den Brief auch nicht gelesen.“
Der Mann am anderen Ende, er trug ebenfalls mittel-alterliche Kleidung, legte sein Besteck zur Seite. „Sie werden aber deine Bitten bezüglich der Formulierung beachtet und befolgt haben. Selbst wenn sie uns nicht unterstützen, kann er aus der Antwort nicht unsere Pläne herauslesen.“ Er stütze sein Kinn auf seine Hände und beugte sich ein wenig nach vorne. Für seinen Geschmack saß sie zu weit weg.
Sie lächelte ihn unsicher, aber liebevoll an.
„Ich weiß.“
Er stand auf und ging zu ihr. Die Mädchen gingen mit gesenktem Kopf, auch ohne jegliche Aufforde-rung, aus dem Raum. Sie beobachtete ihn.
Er blieb vor ihr stehen und stellte sich hinter sie. Sie nahm ihr Glas und drehte sich wieder zum Tisch. Er begann, sie zu massieren. Sie schloss die Augen.
„Alles andere würde nicht zu ihrer Ehre und ihrem Ruf passen, und du weißt selber, wie wichtig er ihnen ist.“ Sie nickte vorsichtig.
Da klopfte es an die Tür. Er trat einen Schritt von ihr weg und sie schreckte hoch.
Ein Mädchen trat ein. „Verzeiht, Prinzessin, aber Janette ist wieder da.“ Die junge Frau stand auf.
„Hole sie bitte rein, danke Verena.“ Das Mädchen knickste und verschwand. Der Mann trat neben sie und drehte sie zu sich.
„Siehst du, keinen Grund zur Sorge. Janette ist zu-rück.“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Sie setzte zum Widerspruch an.
„Ja, aber wer weiß, in welchem Zustand sie ist.“
Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
„Vertraue ihr doch einfach.“
Sie nickte und ging ans Fenster. Er zog sich ein we-nig in den Hintergrund zurück, als Janette eintrat.
Sie sah sich nach Fremden um, dann unterließ sie den Knicks und eilte zu ihrer Freundin.
„Der Brief kam heute per Lux.“ Sie hielt ihm einen versiegelten Brief hin.
Die junge Frau nahm ihn mit spitzen Fingern entge-gen. „Mit einem Lux?“ Janette nickte.
„Wir tippen auf die Elfen. Möglicherweise haben sie den Überfall mitbekommen und die Antwort nachge-schickt.“
Die junge Frau sah hoffnungsvoll zu dem jungen Mann, der nun näher kam.
„Mach schon auf!“, drängte er sie und setzte sich auf ein Sofa. Er bedeutete Janette, sich zu setzen. Sie nahm das Angebot mit einem dankenden Nicken an.
Die junge Frau brach das Siegel und las den Brief.
Beim Lesen erhellte sich ihr Gesicht kurzzeitig, doch zeitweilig verdunkelte es sich auch wieder.
„Hier, lest.“ Sie gab den Beiden den Brief.
Janette sah sie kurz besorgt an, dann las sie.
An Prinzessin Kataryna
Von Oberon

Sehr geehrte Prinzessin

Wir beobachteten und kontrollierten die, nun leider gescheiterte, Übergabe unserer erstiegen Antwort.
Wir verfassten sie so, dass sie ihren Kriterien gerecht wurde, daher dürfte keine Gefahr drohen.
Nun zur Antwort:
Wie Ihr wisst, beteiligen wir uns nur selten an sol-chen und wenden uns meist dem Schwächeren zu.
Jedoch scheinen uns Eure Gründe sehr wohl nachvoll-ziehbar und die Situation ernst, wir werden euch demnach unterstützen.
Wir geben Euch unser Versprechen, spätestens drei Tage nach Eurem Aufruf mit den gewünschten Wa-ren anzurücken.
Gutes Gelingen!
Owberon, König der Elfen, allerster, demokratischer Herrscher über den Finster- und Dunkelwald

Janette sah ihre Freundin an.
„Das ist doch super.“
Katarina drehte sich um. „Ja, abgesehen davon, dass Leo den Brief hat, schon. Ich weiß, dass er daraus nicht schließen kann, aber vielleicht kann er, wenn er mehrere Briefe in die Hände bekommen kann, mehr Schlüsse daraus ziehen. Im Moment weiß er nur, dass es uns gibt, dass wir etwas planen, was bei so einer Geheimhaltung vermutlich auch sehr wichtig sein muss. Er ist ja- leider- nicht dumm. Er kann schon erkennen, dass es um etwas geht, was nicht angesprochen wird, und das muss ja etwas Wichtiges sein, oder?“
Diesen Worten konnte keiner etwas entgegensetzen, deshalb senkte Janette nur den Blick, Katarinas Freund sah sie nachdenklich an. Er schien etwas sa-gen zu wollen, schloss dann aber den Mund und sah zur Seite. Katarina schwieg und drehte sich wieder zum Fenster um.
„Entschuldigung.“, murmelte sie. „Das ist nur alles so viel.“
Er stand auf und legte seine Hände auf ihre Schul-tern. Sie sah weiter nach draußen.
Janette stand auf. „Ich...muss euch beiden noch was sagen.“
Sie drehten sich beide um.
„Was denn?“ Auf Katarinas Gesicht zeichneten sich sofort Angst und Unberuhigung ab. Er blieb ganz ruhig.
„Angelina...also Zarina...“ Katarina griff nach sei-ner Hand, er musste sie festhalten, sonst wäre sie wahrscheinlich umgefallen.
„Sie wurde in den Kreis aufgenommen. Die Göttin hat wohl selber mit ihr gesprochen. Und der Spie-gel...hat ein Kleid ausgewählt. Deines, Katarina.“ Hier zögerte Janette um ihnen Zeit zu geben, beson-ders Katarina.
Die hatte sich inzwischen auf die Fensterbank sinken lassen und hatte die Augen geschlossen. Er ging in die Hocke und senkte den Blick.
„Unsere kleine Zarina...alle fünf.“, flüsterte Katari-na. Sie drehte den Kopf, um aus dem Fenster zu se-hen.
Janette fuhr fort.
„Ich habe sie vorerst vor dem großen Ritual bewahrt, ich will sie erst darauf vorbereiten, aber die Tradition verlangt eure Zustimmung.“ Sie endete.
Der Mann sah und stand auf. „Natürlich. Mach das nur, vermutlich ist es das Beste.“ Er setzte sich wieder aufs Sofa, um auf die Überraschung etwas zu trin-ken.
Katarina drehte sich langsam um. „Welche Far-be...hat sie denn?“, fragte sie leise.
Janette holte tief Luft. „Du musst besser zuhören, Ka-tarina. Sie hat dein Kleid zugeschrieben bekommen, das Gleiche wie du!“ Katarina sprang auf.
Ihr Gesicht war nicht mehr blass, aber sie war sehr aufgeregt.
„Meines? Sie hat auch die Farbe bekommen?“
Janette nickte. Katarina nickte und ließ sich neben ihren Freund sinken, der einen Arm um sie legte.
Sie lehnte sich an ihn.
„Und das bedeutet?“
Janette räusperte sich.
„Die Direktorin hielt es für besser, ihr nicht zu sagen, von wem sie abstammt. Sie hat es auch noch nicht herausgefunden.“ Diesmal waren es seine Augen, in denen das Feuer loderte.
„Wie bitte? Sie verschweigt ihr ihre Herkunft?“
Janette nickte. Katarina hob eine Augenbraue.
„Sie verhält sich allgemein komisch in letzter Zeit. Ich weiß nicht, was es ist, aber etwas läuft im Internat gehörig falsch.“ Als Janette endete schloss Katarina stöhnend die Augen.
„Magst du uns das nächstes Mal erzählen? Ich glau-be, ich habe im Moment viel zu viel mit mir und un-serer so genannten Familie (sie betonte es ein wenig spöttisch) zu tun.“ Janette nickte.
„Natürlich, ich muss auch eigentlich wieder zurück.“ Sie stand auf und sah die beiden noch mal kurz an. Dann sah sie Katarinas Freund direkt an und formte mit den Lippen die Worte: Pass auf sie auf!
Er nickte beruhigend und zog seine Freundin ein wenig näher zu sich.
Janette straffte die Schultern und verließ den Raum.


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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:22 am

13. Kapitel
Am nächsten Morgen wurde ich von Niju geweckt. Etwas ungewöhnlich, da normalerweise ich zuerst wach wurde.
Nachdem sie mir unterbreitete hatte, dass ich immer noch dieses komische Kleid trug, musste ich ihr alles bis ins kleinste Detail erzählen, was vorgefallen war.
Nachdem ich geendet hatte sah sich mich schweigend an.
Ich sah sie etwas unsicher an, was sollte ich noch sa-gen.
Dann stand sie auf.
„Du solltest dich fertig machen, gleich beginnt das Frühstück.“ Ich nickte und sammelte meine Sachen zusammen, um im Bad zu verschwinden.

Schließlich gingen wir zusammen nach unten. Das hatten wir lange nicht mehr gemacht, in letzter Zeit lebte jede nur für sich alleine.
Und da wir das beide wussten, setzten wir uns an einen Tisch, zusammen.
Ich belegte mein soeben aufgeschnittenes Brötchen mit Salami und biss herzhaft hinein.
Niju köpfte ihr Ei und schnitte es in Streifen, sie leg-te dieselben auf ihr Brötchen.
„Was ist so besonders an dem Kleid?“, fragte sie schließlich. Aber darauf wusste ich keine Antwort, deshalb zuckte ich mit den Schultern.
„Ich weiß nicht so genau. Es muss irgendwer schon getragen haben, soviel weiß ich. Jemand, der den Geis-tern wichtig war. Aber ich habe keine Ahnung.“, sagte ich etwas bedrückt. Niju legte die Stirn in Falten.
„Vielleicht, oder sogar vermutlich, jemand, der wichtig für die Geister ist. Oder war es eine negative Überra-schung?“
Ich versuchte, mich an die Gesichter zu erinnern.
„Also, sie waren mehrfach überrascht. Einmal, als sie gehört haben, dass ich Zarina heiße. Dann als ich in den Kreis aufgenommen werden sollte. Und dann, als ich dieses Kleid bekommen habe.“ Niju schnippte mit den Fingern.
„Dann also positiv, oder? Ich hab´s! Wir gehen nach-her in die Bibliothek und suchen in Büchern, ob wir etwas über diesen Kreis finden. Vielleicht können wir sogar was im Internet ergooglen.“
„Natürlich, es gibt eine eigene Seite der Geister, wo immer Neuigkeiten stehen. Niju!“ Ich beugte mich vor.
„Wenn das so wäre, wüsste die Menschheit längst von den Geistern. Ich bin mir sicher, dass nicht alle wuss-ten, dass es Geister gibt.“
Niju verdrehte die Augen.
„Wenn man keine Affinität besitzt, hört und sieht man sie ja auch nicht. Ihre Anwesenheit ist dann ja völlig egal.“
Das überzeugte mich. Ich aß still mein Frühstück auf. Ihre Worte regten eine heftige Diskussion meines Groß- und Kleingehirns an. Nijus Worte schwirrten nur so in mir herum und machten mich fast wahnsinnig. Irgendwie schaffte ich es aber, meine Konzentration auf den gerade eintretenden Nico zu lenken, der einen Kuss andeutete und sich mit Max an einen Tisch setzte. Aha, also auch mal die „Män-nerrunde genießen.“
„Kann ich das Kleid mal sehen?“
Ich sah sie verwirrt an. „Welches Kleid?“ sie sah mich irritiert an. „Wir reden über nichts anderes und du bist mit den Gedanken schon ganz woanders?“, frag-te sie mich verständnislos. Ich seufzte und brachte meinen Teller weg, ehe ich mich wieder zu ihr setzte. „Sorry, aber ich musste meine Gedanken ordnen. Wollen wir los?“ Sie nickte und stand auf, um ihren Teller weg zu bringen. Ich hörte sie murmeln, sie schüttelte den Kopf. Grinsend folgte ich ihr.
Bald standen wir vor endlos scheinenden Regalen. Ich fühlte mich ziemlich hilflos, da ich keine Ahnung hatte, wo wir anfangen sollten. Niju schien aber tap-fer sein zu wollen, obwohl ihr Gesichtsausdruck ge-nau das Gegenteil verriet.
„Also los...“
Ich hielt sie zurück. „Niju, falls es dir noch nicht aufgefallen ist, wir haben gleich Unterricht, wollen wir nicht noch kurz warten?“, fragte ich sie. Niju nickte langsam. „Na gut. Dann los.“ Und schnell waren wir wieder unterwegs zu unserem Zimmer, um unsere Schulsachen zu holen.

Kurz darauf waren wir unterwegs in den Unterricht. In der ersten Stunde hatten wir bei Janette. Und in der zweiten- zum Glück- auch.
Wir setzten uns auf unsere Plätze. Alle tuschelten und redeten leise, bis auf ein paar Ausnahmen, da Janette noch nicht anwesend war.
Ich legte meinen Ordner und meinen Block sowie Buch auf den Tisch vor mir und suchte einen funkti-onierenden Stift aus meiner Tasche heraus.
Als ich fast den gesamten Inhalt auf meinem und Nijus Tisch verteilt hatte und immer noch nicht etwas zum Schreiben gefunden hatte, seufzte Niju auf und legte mir einen Kugelschreiber auf meinen Ordner.
„Der lag in deinem Block, Angie.“
Ich sah sie erst verdutzt an, da ich mit meinen Ge-danken woanders als bei meinem Block war, dann schaltete ich aber und grinste verlegen.
„Danke.“ Mit rotem Kopf räumte ich meine nicht ge-brauchten Sachen in die Tasche, da kam auch schon Janette ins Zimmer. Sie sah nicht gut aus.
Zugegeben, wir waren nach unserem Besuch in der Geisterstadt (mir grummelte jetzt noch der Magen) relativ spät erst schlafen gegangen, aber selbst ich sah frischer aus und hatte noch eine Stunde wach gelegen.
Sie stellte ihre Tasche auf den Boden und setzte sich auf ihren Stuhl, sehr ungewöhnlich, denn normaler-weise kam sie sofort mit einem sehr fröhlichen „Mor-gen“ in die Klasse und stellte ihre Tasche mit Schwung auf ihren Tisch, sie selbst setzte sich dann eher auf die Fensterbank hinter ihr oder auf den Tisch.
Die Klasse war mucksmäuschenstill, anscheinen hat-ten auch die Blödesten gemerkt, dass etwas nicht stimmte.
Sie fing auch ohne einen Gruß an zu reden.
„Ich musste gestern Nacht noch etwas für die Direkto-rin erledigen, bitte entschuldigt meine Müdigkeit. Ich würde vorschlagen, ihr bildet mehrere Gruppen à 4 Personen und tragt euer Wissen zusammen, dass ihr durch die letzten Hausaufgaben über Vampire er-langt habt, natürlich solltet ihr es auf unser aktuelles Thema beziehen. Ohne Buch, Josh!“ Ein kleiner, braunhaariger Junge legte enttäuscht das Buch auf seinen Platzt zurück und ging mit schlurfendem Gang zu seiner Gruppe.
Niju und ich rückten zu unseren Sitznachbarn und trugen unser Wissen bei. Natürlich hatten wir einen kleinen Vorteil, schließlich war ich auch ein Vampir.
Da erforderte etwas meine Aufmerksamkeit. Die Di-rektorin kam, gefolgt von zwei Männern in den Raum und ging zu Janette, die sich daraufhin erhob. Sie gaben sich alle die Hände, dann redeten sie kurz. Janette nickte, sie sah aber nicht besonders glücklich aus. Sie pfiff einmal, woraufhin es ruhig wurde. Wir sahen gespannt nach vorne.
„Ich hoffe, ihr habt euch alles gemerkt und aufge-schrieben. Ich muss euch leider bitten, den Raum zu verlassen, ich muss den Unterricht heute frühzeitig beenden. Schreibt zum nächsten Mal einen Aufsatz darüber.“ Ein unwilliges Murren und Raunen ging durch die Klasse. Mica neben mir fing leise an zu flüstern. „Das sind Wächter, ich bin mir sicher!“ Wir drehten uns zu ihm um.
„Wie bitte?“, fragte ich ihn und sah ihn mit gerunzel-ter Stirn an. Er verdrehte die Augen.
„Sie bewachen die Ruine im Wald, ich habe es aus einem Buch.“ Ich nickte steif. „Aha, sehr interessant.“
Mica ging mit hoch erhobenem Kopf an uns vorbei. In meinem Kopf schwirrten tausende von Fragen herum.
Micas Wissen konnte man Glauben schenken, er wusste so viel, dass er es selber manchmal nicht wusste.
Was wollten also die Wächter von Janette? Warum waren sie hier? Was war so wichtig, dass unser Unter-richt abgesagt wurde.
Und warum passierte es genau jetzt?
Ich hatte den bösen Verdacht, dass es etwas mit mir und der Sache gestern Abend zu tun hatte.
Und so überraschte es mich nicht wirklich, als Janette in den Raum rief: „Angie, bitte bleib noch einen Mo-ment da.“ Ich schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Ich schien das Unglück anzuziehen. Niju klopfte mir auf die Schulter und verließ den Raum, sie durf-te nicht drinnen bleiben.
Ich stellte meine Schultasche ab und ging nach vor-ne, zu den Erwachsenen. Sie sahen alle sehr ange-spannt aus, die Wächter schauten grimmig drein, die Direktorin...ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten.
Janette drückte mich auf einen Stuhl.
„Du solltest nur zuhören.“ Sie sagte es aber nicht laut, sondern eher leise, so dass es nur wir beide hör-ten.
Die Direktorin fing an zu sprechen.
„Nun...ich möchte euch beiden die Herren hier vorstel-len, für dich zur Erklärung Angelina, es sind Wäch-ter der Ruine, ihr solltet sie im Unterricht behandelt haben.“ Ich nickte nur steif. Janette lehnte sich an ihren Schreibtisch und verschränkte die Arme.
„Nun, sie möchten euch etwas fragen...und berich-ten.“ Die Direktorin endete und trat einen Schritt zu-rück.
Einer der Wächter räusperte sich und drehte sich zu ihr um.
„ Ich würde es vorziehen, mit ihnen alleine zu spre-chen, bitte verlassen Sie den Saal.“
Die Augen der Direktorin blitzten wütend auf, aber da er ziemlich einflussreich zu sein schien, fügte sie sich dem und verließ mit hoch erhobenem Kopf den Klassenraum.
Die Wächter atmeten auf. Einer begann zu sprechen.
Leise, ich musste mich vorbeugen, um etwas zu ver-stehen.
„ Ich weiß nicht, wie weit das Mädchen eingeweiht ist, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen.
Jemand ist in die Ruine eingedrungen. Und soweit wir wissen, seid ihr beide die einzigen, die dies kön-nen, aber ich bin mir sicher, dass ihr es nicht gewesen seid. Könnt ihr uns dazu etwas sagen?“
Ich runzelte die Stirn. Ich war nicht im Wald gewe-sen, geschweige von der Ruine.
Zum Glück redete auch Janette. Auch sie hatte die Stirn in Falten gelegt.
„Wir beide waren es nicht, da bin ich mir sicher. Ich war in den letzten Tagen nicht mehr dort. Und Angie auch nicht.“
Ich nickte. „Das stimmt. Ich... mag sie nicht beson-ders.“, sagte ich dann langsam und setzte die Worte vorher auf die goldene Waagschale. Der sprechende Wächter schnaubte, aber nicht böse.
„Ja, für Eure Herkunft ist das auch nicht verwunder-lich.“ Ich sah ihn etwas irritiert an. Warum das jetzt schon wieder? Konnte mir bitte endlich jemand erklä-ren, was hier los war?
Ehe ich aber etwas sagen konnte, ergriff Janette wie-der das Wort.
„Nun, ich denke nicht, dass wir Euch weiterhelfen können. Aber...von ihnen weiß ich, dass sie nicht dort waren.“, fügte sie am Ende leise hinzu und sah die beiden Wächter eindringlich an. Sie nickten. „Gut, das war es auch schon.“ Sie nickten uns beiden zu und verschwanden durch die Tür.
Ich blieb einen Moment reglos auf meinem Stuhl sit-zen. Erst als Janette aufstand und den Raum verlas-sen wollte, regte ich mich.
„Warte mal bitte.“ Sie drehte sich überrascht um und sah mich an.
„Was ist?“ Ich holte tief Luft.
„Ich will endlich wissen was hier gespielt wird! Erst erzählst du mir, dass ich die Tochter von einer Kata-rina bin. Dann lerne ich Margit kennen, die mich kurz darauf in die Geisterstadt zum Rat schleppt, wo ich in irgendeinen Kreis aufgenommen werde und jemand mit mir spricht, und jetzt das! Ich will wis-sen, was hier los ist!“, schimpfte ich schließlich los und stand auf und lief im Raum umher.
„Alle erwarten, dass ich alles weiß, ich mach dies und jenes mit, sprechen in Rätseln und ich? Ich stehe daneben, lächle und lass alles über mich ergehen, oh-ne zu wissen, warum. Kannst du das verstehen?“
Ich bleib stehen und sah sie entschuldigend an. Aber das hatte gut getan. Ich fühlte mich freier.
„Entschuldige, aber das musste ich mal loslassen.“
Wortlos nahm ich meine Tasche und ging zur Tür.
Da hielt mich Janette auf. Sie packte mich an der Schulter und drehte mich um.
„Ich glaube, wir sollten mal einen Spaziergang ma-chen.“

Kurz darauf liefen wir nebeneinander im Wald um-her. Als wir außer Sichtweite des Schlosses waren, fing sie an.
„Ich sollte vorne anfangen. Und zwar werde ich an unsere Geschichtsstunde anlegen, als wir das Erste Mal von Leo gesprochen haben. Ich habe dir wohl er-zählt, dass Katarina deine Mutter ist, nicht wahr?“ Ich nickte. „Aber das ist unlogisch. Mein Vater ist definitiv kein Vampir.“ Janette lachte.
„Marc Lion oder dein richtiger Vater?“ Ich blieb stehen und sah sie verdutzt an.
„Woher weißt du, wie mein Vater heißt?“
Janette lachte.
„Ich kenne deine Mutter gut, Zarina. Und dein ver-meintlicher Vater ist nicht dein leiblicher Vater.“
Ich seufzte. Na gut, ich sagte hinterher was.
„Katarina ist nach England geflohen. Der besagte Freund, dein angeblicher Vater also Mac Lion, unter-stützte sie so weit es ging. Sie lebte lange dort unter dem Namen Katara Lion. Kein guter Deckname, aber Leo kam nicht nach England. Schließlich kam sie ein Jahr zurück, um sich mit Verbündeten zu treffen. Dabei lernte sie deinen Vater kennen, und sie wurde schwanger. Sie musste aber wieder gehen, da die Lage für sie zu gefährlich wurde. Leo ist nie ganz unge-fährlich. Auch heute nicht. Nach deiner Geburt muss-te sie irgendwann gehen. Sie verfrachtete dich schließlich in die Schule und ist gegangen. Die Or-ganisation hat vorsichtshalber dein Gedächtnis ein wenig verändert, damit du im Zweifelsfalle einer Entführung durch Leo keine Informationen, ob ab-sichtlich oder unabsichtlich, weitergeben konntest.“
„Wir haben Marc oft geraten, dich nicht auf diese Schule zu schicken. Katarina wollte dich so lange wie möglich aus der Sache raushalten, am besten für immer. Aber hinter ihrem Rücken haben wir gewusst, dass das nicht funktionieren konnte. Die Tochter der Prophetin der Rebellen, beschenkt mit der goldenen Gabe und den fünf Affinitäten...es musste so kom-men.“ Janette machte eine kleine Pause, die ich dazu nutzte, meine Gedanken zu ordnen.
„Also bin ich...so etwas wie eine Prinzessin oder wie darf ich das verstehen?“, fragte ich mit hochgezoge-nen Augenbrauen.
Janette legte den Kopf ein wenig schief.
„Deine Mutter ist immerhin die Tochter von Leo, also hast auch du königliches Blut.“
Ich blieb stehen. „Das würde bedeuten, Leo ist mein Großvater!“, sagte ich fassungslos, und so fühlte ich mich auch. Also war ich die Enkelin des größten und brutalsten Vampirherrschers, den Welt kannte?
Na super, das hatte ich ja mal wieder klasse getroffen.
Janette holte tief Luft, dann beantwortete sie meine Frage mit einem knappen „Ja.“ Ich schwieg, sie fuhr fort.
„Aber tröste dich, deine Mutter ist nicht besonders glücklich darüber. Zu deiner aktuellen Familiensi-tuation zurück. Katarina und dein Vater haben hier ihren Posten bezogen, als Leo allmählich wieder an Macht gewann. Es ist eine Lüge wenn man sagt, dass uns keine Gefahr droht. Solange er lebt droht uns immer Gefahr. Als er gesichtete wurde, erzählte man das den Leuten erst einmal nicht, alarmierte aber natürlich Katarina, die das Land so gut es ging unter Kontrolle behielt. Zwar haben wir hier ja auch eine „moderne“ Regierung, aber die Vampire lassen sich nur von Vampiren beherrschen. Lange Rede, kurzer Sinn: Jemand plauderte wohl aus dem Näh-kästchen und das ganze Land wäre fast in Panik unter gegangen. Irgendwie beruhigte sich die Lage aber wieder. Das wurde als Versagen der Regierung eingestuft und vertuscht. Und deine Mutter war hier, weit weg von dir. Sie saß oft vor dem Telefon, aber es war zu gefährlich. Nun zur aktuellen Situation.“ Sie räusperte sich leise. Ich sah sie gespannt an.
„Leo hat seine Anhänger zusammengetrommelt, es gibt eine Legende, die besagt, dass der Finder eines goldenen Amulettes Herrscher wird. Und das Amulett will er finden. Zur gleichen Zeit wurde aber eine ge-heime Prophezeiung kundgegeben. Der Finder sollte ein Mädchen, genauer gesagt ein Vampir, sein. Dar-um fiel Leo eigentlich raus. Ihm wurde die Prophezei-ung aber nicht zugetragen, da man hoffte, dass er in eine Falle lief. Leider tat er genau das Gegenteil. Er erkannte die Falle rechtzeitig und baute uns eine Fal-le. Wir verloren drei Krieger bei dem Gefecht. Leo sel-ber täuschte uns und floh mit seiner Garde, seinen Leuten. Wir hatten das Nachsehen. Das Amulett al-lerdings hatte bisher keiner gefunden. Die Prophezei-ung allerdings sagt noch mehr, nicht nur, dass das Mädchen nicht nur ein Vampir, sondern auch ein Sprössling königlichen Blutes sein sollte. Und zwar zur Hälfte. Damals gab es keine Vampirin, auf die das zutraf. Mittlerweile glaubt das Volk nicht mehr daran, die Prophetin wurde in der Öffentlichkeit nur ausgelacht und verspottet. Aber einige, inklusive dei-nen Eltern, hoffen immer noch, dass Leo es noch nicht gefunden hat. Schließlich wäre es ein sehr gro-ßer Nachteil für uns alle. Aber...die Prophetin hat et-was verlauten lassen. Es gab wohl noch einen Teil der Prophezeiung, den sie aus Angst nicht erzählt hat. In dem steht, dass die Finderin sich zur dunklen Seite ziehen lassen wird, mit dem Amulett. Das wurde ihr erst ein wenig später klar, als die Prophezeiung schon im Umlauf war. Und damit hätte die Prophezeiung natürlich eine ganz andere Wirkung auf die Leute. Lange Rede, kurzer Sinn: Katarina und dein Vater glauben, dass Leo sich zum Kampf rüstet. Sie wissen noch nicht, was sie tun sollen, aber sie stellen eine Armee zusammen. Noch ist nicht klar, wer uns un-terstützt, aber sie sind zuversichtlich. Sind deine Fragen vorerst geklärt?“
Janette blieb stehen und sah mich besorgt an. Ich be-mühte mich, ein nettes Gesicht zu machen.
„Ja, natürlich, es könnte nicht besser gehen.“, sagte ich dann und bemühte mich, es möglichst fröhlich klingen zu lassen. Janette schien es mir nicht abzu-kaufen, beließ es aber bei meiner Antwort.
Mich beschäftigte jetzt eins noch: Wer war das Mäd-chen? Konnte man die Prophezeiung im Original-wortlaut irgendwo lesen? Und eines brannte mir nun noch stärker auf der Zunge:
Konnte ich meine Eltern sehen? Nur einmal, wenn es für fünf Minuten war!
„Janette...“ Sie drehte sich zu mir um, ich sah verle-gen in der Gegend herum. Schließlich gab ich mir einen Ruck, das schlimmste was mir passieren konnte war ein Nein.
„Kann ich meine Eltern sehen?“ erleichtert sah ich sie an, leider schien sie nicht so ganz begeistert zu sein. Sie sah mich ausdruckslos an, dann ging sie ohne eine weitere Antwort zum Schloss.
Ich folgte ihr. „Janette, bitte. Ich würde sie doch auch nicht nerven. Aber ich will sie endlich kennen lernen! Kannst du das nicht verstehen?“
Sie drehte sich um. „Das ist nicht so einfach. Es wür-de auffallen, wenn du weg wärst. Und...ich weiß nicht.“ Sie biss sich auf die Lippe und sah in eine unbestimmte Richtung.
„Du kannst sie doch bestimmt fragen!“, versuchte ich es erneut. „Und ich verspreche dir noch mal, dass ich dann auch nicht mehr fragen werde!“ Das war zwar ziemlich gewagt, aber vielleicht brachte ich sie dazu, sie mit ihnen zu sprechen. Hoffentlich!
Janette drehte sich mit einem Seufzen um.
„Na gut, überredet. Ich werde sie fragen, wenn ich sie sehe. Aber bitte verrate es niemandem, auch nicht Margit!“ Sie sah mich eindringlich an, aber das war nicht nötig. Meine Gedanken kreisten nur um eines: Ich würde meine Eltern vielleicht sehen!
Ich nickte nur und fiel ihr um den Hals. Mein Mund war so trocken, dass ich gar nichts sagen konnte. Ja-nette umarmte mich. „Aber versprechen kann ich nichts.“ Ich schüttelte den Kopf.
„Danke!“, krächzte ich leise. Sie lächelte und ging los. Ich folgte ihr eilig. Janette fing erneut an zu re-den.
„Vielleicht kann ich heute noch mit ihnen Kontakt aufnehmen. Aber du solltest bereits im Voraus etwas wissen: Vampire leben in einigen Dörfern mittelalter-gleich. Na ja, die Bäder haben sie angepasst, aber auf den Rest haben sie verzichtet. Wir müssten dir vorher ein passendes Kleid besorgen, dass du im weißen nicht gehen kannst sollte dir klar sein. Dich würde jeder erkennen, und das sollten wir vermeiden. Schließlich sind deine Eltern nicht verheiratet.“ „Was?“ Ich starrte sie verdutzt an. Janette lächelte.
„Sie können doch nicht öffentlich heiraten, es gäbe einen zu großen Wirbel, Liebes.“ Ich verzog das Ge-sicht. „Ich mag den Spitznamen nicht.“ Janette lachte nur ihr helles Lachen.


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Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:23 am

14. Kapitel
Nachdem Janette mich verlassen und ins Schloss ge-schickt hatte, war ich schnurstracks zu Niju in unser Zimmer gelaufen. Dort erwartete mich eine Überra-schung. Schon bei meinem ersten Schritt in unser gemeinsames Zimmer stolperte ich über Schuhe, die direkt vor der Tür lagen. Das ganze Zimmer sah aus wie ein Sammelplatz von Altkleiderorganisationen. Und Niju stand mitten drin und suchte offenbar et-was Bestimmtes. Auffällig war allerdings, dass es nur meine Sachen waren.
„Niju...was hat du vor?“, fragte ich sie vorsichtig. Niju drehte sich überrascht um. Als sie mich erblickte wur-de sie rot. „Angelina...ich habe dein Kleid gesucht.“ Ich grinste.
„Du konntest es wohl nicht aushalten.“, stellte ich fest und legte ein paar Sachen zusammen. „Das Kleid ist aber nicht im Schrank, ich habe es unter meiner Mat-ratze versteckt.“, entschuldigte ich mich und holte es unter meiner Matratze hervor. Niju sah es mit einem verklärten Blick an. „Los, halt es mal hoch!“ Ich grinste erneut und hielt es an meinen Körper.
Niju begutachtete es. „Wow, nicht schlecht.“ Sie strich über den Stoff. Er glitzerte auf, als sie darüber strich. Wir sahen uns verwirrt an. Vorsichtig streckte Niju erneut die Hand aus und berührte es. Erneut glänzte es auf. Ich sah sie verwirrt an.
„Was ist das denn das?“, flüsterte ich und legte das Kleid, als wäre es mir fremd, auf mein Bett. Ich strich vorsichtig darüber, aber das Glitzern blieb aus. Ich sah meine Freundin nachdenklich an.
„Wir sollten dringend in die Bibliothek, findest du nicht auch?“

Innerhalb weniger Minuten waren wir in der Biblio-thek vor den Regalen. Ich warf einen seufzenden Blick auf die Bibliothekarin, die wieder schnarchend an ihrem Standardplatz saß, besser gesagt, lag.
Meine Freundin ging tapfer auf die Regale zu. Sie mochte Bücher nicht gerne, aber wenn es sein musste, konnte sie eines innerhalb zwei Stunden auswendig lernen. „Hast du eine Ahnung, nach was wir su-chen?“
Ich überlegte, während wir durch die Reihen liefen, und versuchte, mich an alles zu erinnern.
„Wir könnten ´Spiegelraum`, ´Elfen `, ´Geister `und ´Kreis nachschlagen.“, zählte ich nach und nach auf. Niju hatte schnell einen Block gezückt und alles notiert. Sie tippte mit dem Kugelschreiber auf den ersten Punkt. „Ich finde, wir sollten als alle-rerstes „Kreis“ nachschlagen, nach deinen Erzählun-gen gehört ja der Rest dazu und nicht andersherum.“ Ich stimmte ihr zu, und so hockten wir bald über rie-sigen Wälzern, wo wir hofften, etwas zu finden.
Ich hatte bereits schon das zweite Lexikon vor mir lie-gen, da sah Niju auf.
„Hast du was gefunden?“ Ich las weiter, schüttelte a-ber den Kopf. Niju seufzte und stand auf, wobei sie das dicke Lexikon vor ihr mit einem Knall zuklappte.
„Ich glaube nicht, dass wir hier etwas finden. Wenn es stimmt, was du sagst, wäre der Kreis doch viel be-kannter.“ Ich sah auf. „Vermutlich hast du Recht, aber wo sollen wir sonst suchen? Aus Janette bekomme ich nicht noch mehr Informationen, und einen ande-ren Lehrer möchte ich nicht fragen.“ Niju lächelte ge-heimnisvoll. „Ich wüsste etwas. Aber...ich weiß nicht, ob das so klug ist.“, sagte sie schließlich zögerlich. Ich sah sie gespannt an. „Sag schon! Verrückter als mei-ne Ideen kann sie doch gar nicht sein.“ Niju nickte und kam einen Schritt zu mir. „Die verbotene Biblio-thek!“ Ich sah sie irritiert an. Es erinnerte mich an meine ersten Tage, als ich irrtümlich in die falsche Bibliothek tappte.
„Du meinst, dass wir da rein kommen?“ Niju wiegte den Kopf hin und her. „Du weißt doch, wo sie ist, o-der?“ Ich überlegte. „Vielleicht weiß ich noch ungefähr, wo sie ist.“ Niju stellte entschlossen das Buch weg. „Gut. Du gehst sie suchen und ich bereite alles vor. Das wir am Tag nicht hinein können, ist ja klar. Vielleicht am Abend, wenn alle essen.“ Ich nickte und stand auf, um meine Lexika ebenfalls zurück zu stellen. „Aber wir müssen wirklich aufpassen.“
Niju nickte. „Natürlich, wenn wir uns nicht erwi-schen lassen, muss es gut gehen.“

Am Abend liefen wir auf Zehenspitzen über die Flu-re. Niju hatte ein kleines Licht aufgetrieben, das sie in ihrer Hand hielt, falls es später werden sollte. Noch war es draußen relativ hell. Wir standen vor der gro-ßen, verzierten Tür zur verbotenen Bibliothek. Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch, aber zu meiner Beruhigung ging es Niju auch so. Also lag es nicht an meiner Vergangenheit.
Wir sahen uns noch einmal an, dann drückte ich vorsichtig die Klinke runter und öffnete nach einem erneuten Blick in den Flur die Tür. Wir traten ein und sahen uns um. Hier war niemand, aber das Licht brannte, als ob kürzlich jemand hier gewesen war. Darauf achteten wir aber nicht weiter sondern mach-ten und sofort und leise an die Arbeit. Wir deckten uns mit dicken Lexika ein und suchten nach unse-ren Wörtern.
Schon beim ersten Buch wurde Niju fündig. Sie winkte mir aufgeregt. Ich sah neugierig auf und setzte mich neben sie. „Lies vor!“, sagte ich leise. Niju schüttelte den Kopf und grinste. „Lies selber, ich such schon mal weiter.“ Seufzend nahm ich mir das Buch her und las die Erläuterung durch.

Der goldene Kreis – Der goldene Kreis ist eine Ge-meinschaft von mehreren, mit Affinitäten be-schenkten Vampiren. Sie mussten dem Rat vorge-schlagen werden, um aufgenommen werden. Dann wurde ihnen für die Prozedur ein Kleid ausgewählt. Diese Entscheidung traf immer ein Spiegelraum, der zur Verfügung stand. Zur Kleidung gehörten die Frisur, das Kleid und auch die Schuhe, die der Affi-nitäte anzog.
Die Prozedur der Aufnahme wurde vom herrschenden Geisterkönig, oder der Geisterkönigin, durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Utensilien verwendet.
Als Symbol für den Kreis steht ein meist goldener Ring, er verfärbt sich, wenn der Affinitäte ihn auf-gesetzt bekommt. Er nimmt die dazu gehörige Farbe an, jeder Affinitäte hat eine ihm zugewiesene Farbe. Außerdem werden ein Messer und ein weißes Tuch benötigt. Das Tuch nimmt die Farbe an, sobald das Blut der Affinitäten es berührt, es wird in den Kreis eingelesen und die Gravur des Namens und der Farbe erscheint an dem im Kreis angewiesenen Platz.
In seltenen Fällen spricht sogar die Göttin der Geister mit dem Affinitäten und sagt ihm seine Lebensauf-gabe und Hilfen.

Ich sah auf und blickte Niju stumm an, die siegessi-cher lächelte.
„Was sage ich?“ Ich grinste.
„Niju, du bist toll!“ Sie nickte zufrieden.
„Sag ich doch.“
Wir machten uns schließlich an die anderen Begriffe ran. Zuerst suchten wir die Elfen. Darüber stand gleich im zweiten Buch etwas drin.

Elfen – Elfen sind allgemein als sehr feingliedrige, graziöse und anmutige Wesen bekannt. Bei den meisten trifft es auch zu. Sie sind aber trotz ihrer das nicht zu erwartenden Erscheinung sehr kräftig. Sie sind flink.
Elfen lebten vor mehreren tausenden von Jahren an einem unbekannten Ort. Sie kamen irgendwann nach Europa und siedelten hier an. Sie lebten lange in Verborgenheit und wurden erst spät entdeckt. Seither sind sie wohl die Wesen, von denen man am wenigsten weiß.
Die klassischen Elfen sind ungefähr handgroß. Sie betreuen die Spiegelräume, die zur Aufnahmeproze-dur im Kreis genützt werden.
Elfen sind allgemein sehr freundlich, lustig und hilfsbereit.

Ich hörte auf zu lesen. „Niju, hast du was über die Spiegelräume gefunden?“ Sie schien sehr in ihr Buch vertieft. „Niju!“, zischte ich schließlich lauter. Sie hob ruckartig den Kopf.
„Was?“, fragte sie irritiert. Ich verdrehte die Augen. Es war ja schön, dass sie mit so einem Feuereifer bei der Sache war, aber so dermaßen ernst musste man es doch nicht nehmen, oder?
„Hast du was über die Spiegelräume herausgefun-den?“ Niju nickte und schob mir das Lexikon hin.
Ich vertiefte mich sofort in den Inhalt.

Spiegelräume –Die Spiegelräume bestehen, wie der Name schon sagt, aus verspiegeltem, magisch behan-deltem Glas. Sonst ist über sie wenig bekannt. Die einzigen Wesen, die über sie Bescheid wissen, sind die Spiegelelfen, die diese Spiegelräume betreuen, da sie leben. In ihnen können sie alles erschaffen, was sie sich vorstellen.
Spiegelräume werden der Tradition nach bei der Auf-nahme in den Kreis genutzt. Sie analysieren den Affinitäten, weisen ihm Kleidung und eine Farbe zu. Insofern haben sie eine wichtige Aufgabe.
Manchmal sind Spiegelräume aber auch schlecht ge-launt. Die Elfen müssen sie verwöhnen und putzen, die Räume lassen in einem schlechten Zustand kei-nen raus und keinen rein.

Seufzend schlug ich das Buch zu.
„Also ich habe nicht ganz so viele Informationen ent-deckt.“, murmelte ich und starrte vor mich hin. Niju sah auf. Sie hatte anscheinend eine Menge gefunden, sie hatte bereist drei volle Blätter vor sich liegen. Ich runzelte die Stirn.
„Wo hast du das denn alles her?“ Sie schrieb weiter und antwortete erst nach einer Weile.
„In den Büchern, wo sonst.“ Ich stützte mein Kinn in meine Hände und gähnte ausgiebig.
„Mir ist langweilig.“ Niju sah mich verständnislos an.
Dann wandte sie sich mit einem Kopfschütteln wieder ihrem Block zu.

Nach einiger Zeit (ich war vor Langeweile fast ge-storben) fing sie aus heiterem Himmel an zu reden.
„Ist dir immer noch langweilig?“
Ich schaute auf und nickte knapp. Ihre Augen glit-zerten. „Ich habe hier was gefunden, was dich interes-sieren wird. Ich habe nämlich die Affinitäten der letz-ten Jahrhunderte nachgeschlagen, und rate mal, was ich gefunden habe!“ Ich zuckte mit den Schultern. Niju genoss die Spannung.
„Katarina.“ Ich hob ruckartig den Kopf.
„Meine Mutter?“ Niju nickte.
„Vermutlich. Und weißt du, welche Farbe sie hatte?“
ich überlegte. Hatte sie vielleicht...
„Golden?“, fragte ich vorsichtig und setzte mich wie-der aufrecht hin. Niju nickte. „Richtig! Und weißt du, was das bedeutet?“ Ich nickte langsam.
„Moment. Katarina ist eine volle Rebellin, richtig? Sie hat total viel bewegt in der Welt. Und...ich habe auch diese Farbe. Das ist einmal ein zusätzlicher Be-weis, dass sie wirklich meine Mutter ist...und ein Hinweis, dass ich auch irgendetwas machen soll?“
Niju nickte eifrig. „Du hast es erfasst. Die Farbe Gold steht nämlich für Weisheit, Klarheit und so weiter. Und auch für Königinnen und Könige!“ Ich nickte langsam und lehnte mich zurück. „Wir haben nur eine Sache noch nicht herausgefunden. Warum hat das Kleid eben so geglitzert?“ Niju zuckte mit den Schultern. „Ich habe in den Büchern nichts gefun-den.“
„Wir sollten zurückgehen, wir haben genug.“
„Sicher?“
Ich nickte. „Außerdem kann immer noch jederzeit jemand kommen und kontrollieren. Und dann be-kommen wir mächtig Ärger.“
Niju überlegte kurz. Ich hoffte, dass sie von meinen Worten überzeugt worden war.
Dies schien der Fall zu sein, denn sie seufzte ergeben und schnappte sich die Bücher. „Du räumst hier alles weg, ich übernehme die Bücher!“, verteilte sie schnell die Rollen. Ich grinste und machte mich daran, die Stühle wieder richtig an den Tisch zu rücken, die Stifte und Nijus Block zusammenzuräumen und ordentlich zu stapeln.
Schließlich standen wir vor der Tür und lauschten.
„Ich hör nichts“, bemerkte ich leise und trat einen Schritt zurück. Niju nahm ihr Ohr ebenfalls von der Tür weg. „Ich auch nicht. Also los?“
Ich nickte. Je schneller wir von hier weg kamen, desto besser.
Vorsichtig und leise öffnete meine beste Freundin schließlich die große, portalähnliche, verzierte Holz-tür. Sie steckte ihren Kopf um die Ecke und sah sich vorsichtig um. Im Flur war es dämmrig, draußen war es schon dunkel, das Licht kam von einer Lampe an der Decke. „Vielleicht sollte man die Glühbirne aus-tauschen“, murmelte ich und folgte Niju in den Gang. Die kicherte auf meine Bemerkung hin. „Wie bitte?“ Ich sah sie irritiert an. „Ich bitte dich, schau dir doch mal die Lampe an.“, sagte ich, leicht empört über die Tatsache, dass sie es nicht realisiert hatte. Niju lachte weiterhin leise, bis hinter uns die Tür mit ei-nem Knall ins Schloss fiel.
Wie versteinert standen wir da und sahen fassungs-los die geschlossene Tür an. Ich hatte mich als Erste wieder im Griff. „Mist!“, zischte ich und schnappte meine regungslose Freundin und zog sie hinter mir her, möglichst schnell weg von der Tür. Hoffentlich hatte es keiner gemerkt.
Wir bogen um die Ecke, Niju rannte inzwischen selbstständig. „So ein Mist aber auch!“, schimpfte sie lautstark. „Schsch!“, zischte ich wütend. „Oder willst du, dass auch die letzten von unserem Ausflug er-fahren?“ Niju schüttelte den Kopf und hielt den Mund, wofür ich ihr ziemlich dankbar war. Innerlich schickte ich schon haufenweise Stoßgebete zu irgend-einem Gott, der mir in den Sinn kam. „Bitte, lass uns nicht auffliegen, bitte lass uns nicht – aua!“ Ich prallte gegen einen Körper und fiel auf den Boden. Zum Glück konnte ich mich rechtzeitig mit der Hand abstützen. Während ich mir den beim Aufprall benutzten Arm rieb, der scheußlich wehtat, blickte ich nach oben, um mich nach dem Verursacher umzuse-hen. Vor uns stand die Direktorin.


Zuletzt von ViolinenVirtuosin am Fr Jul 06, 2012 2:41 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 15. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:24 am

15. Kapitel
Kurz darauf standen wir mit gesenkten Köpfen in ihrem Büro und mussten eine wahre Predigt über uns ergehen lassen. Und in irgendeiner Weise hatte sie ja Recht, wenn die Tür wirklich die Kleinen aufgeweckt hatte, tat es mir auch leid. Was mir allerdings nicht im geringsten Leid tat, war unser abendlicher Besuch in der Bibliothek.
Mittlerweile dauerte die Rede der Direktorin schon ei-ne halbe Stunde, wenn ihr der Stoff ausging, fing sie wieder von vorne an.
Irgendwann, inzwischen waren mehr als wertvolle vierzig Minuten ins Land gegangen, ging ihr nicht nur der Stoff, sondern auch die Puste aus. Auf jeden Fall schnappte sie endlich nach ihrer ununterbroche-nen Rede nach Luft. Ich konnte mir es einfach nicht verkneifen. „Also eine beachtliche Ausdauer haben Sie, keine Frage.“ Doch sobald ich es ausgesprochen hatte, senkte ich sofort wieder den Kopf und kassierte von Niju einen bösen Blick.
Zum Glück wurde ein erneuter Ausbruch des kleinen Vulkans vor uns durch ein Klopfen gestoppt. Aufat-mend blickten wir beide zur Tür. Missmutig sagte der Drachen „Herein!“, und der rettende Engel trat zur Tür ein.
„Entschuldige, wenn ich störe“, sagte er mit einem Seitenblick auf uns, „aber ich würde Ihnen gerne die beiden entführen.“ Die Direktorin sah nachdenklich zwischen uns und dem Engel hin und her, bis sie sich schließlich mit einem Seufzer zurücklehnte. Ich atmete auf.
„Na schön.“ Wir folgten eilig dem Engel, der übri-gens von Janette verkörpert wurde, nach draußen. Al-lerdings mussten wir uns von ihr ebenfalls eine kur-ze Zurechtweisung anhören.
„Was wolltet ihr in der verbotenen Bibliothek? Um euer Verständnis aufzuklären...das Attribut „verbo-ten“ steht da nicht umsonst!“ Ich nickte. „ Ja, das ha-ben wir uns aber gerade schon angehört.“ Janette seufzte. „Ist ja auch okay. Ich hab´s ja auch schon gemacht.“, seufzte sie. Ich starrte sie mit großen Au-gen an, während sie uns zu unserem Zimmer gelei-tete. „Ganz ernst?“ Sie lachte. „Ja, deine Mutter und ich sind oft hier gewesen.“ Diese Bemerkung versetzte mich wiederum in meinen Trauerzustand. Janette klopfte mir auf die Schulter. Niju war ein bisschen vorgegangen, anscheinend ahnte sie schon, dass Ja-nette kurz mit mir reden wollte.
Die junge Lehrerin redete mit leiser, aber fester und deutlicher Stimme.
„Ich habe mit deinen Eltern gesprochen.“ Ich hielt an und sah sie freudig an, aber gleichzeitig war ich auch ein wenig unsicher. Was hatten sie geantwortet?
Janette lächelte mich an. „Sie freuen sich sehr, dass du so viel Interesse zeigst, und dass du so viel in so kurzer Zeit herausgefunden hast. Wir suchen noch nach einem Termin, dann brauchen wir Kleidung und dann regeln wir das schon zusammen.“
Diese Information musste ich erst mal verdauen. Ich hatte eigentlich nicht gedacht, dass ich kommen durfte.
Schließlich hatte ich es tatsächlich begriffen. Ich sah meine Eltern...zum ersten Mal seit X Jahren! Freudig fiel ich Janette um den Hals.
„Danke!“, flüsterte ich, meine Augen füllten sich schon mit Tränen. „Vielen, vielen Dank!“ Janette lä-chelte und schob mich von sich.
„Was für eine Kleidergröße hast du?“ Ich sah die ver-dutzt an. „Wie bitte?“ „Sag einfach schnell.“
Ich überlegte. „Ungefähr S...“ Janette nickte. „Dann weiß ich schon. Kann ich mich auf dich verlassen, dass ihr heute keine nächtlichen Streifzüge unter-nehmt?“ Ich nickte. „Versprochen. Und wenn nicht lerne ich die nächsten drei Seiten vom Geschichtsbuch auswendig.“ Janette hob die rechte Augenbraue. „Ho-her Preis, Mädchen, aber gut. Dann gute Nacht!“ Da-mit verschwand sie, und ich machte, dass ich in mein Zimmer kam.


Zuletzt von ViolinenVirtuosin am Fr Jul 06, 2012 2:41 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Zarina - Dunkle Künste Empty - 16. Kapitel -

Beitrag  ViolinenVirtuosin Mi Jul 04, 2012 6:24 am

16. Kapitel
In der nächsten Stunde bei Janette am Freitag saßen wir ungeduldig im Klassenraum. Janette hatte bereits zehn Minuten Verspätung. Niju und ich sahen uns ständig beunruhigt an. Da ging die Tür mit einem Schwung auf. Aber nicht Janette, sondern die Direk-torin kam zur Tür rein. Sie klatschte einmal in die Hände, woraufhin es leise wurde.
„Liebe Klasse, Janette ist leider verhindert. Die Stunde muss ausfallen.“ Ein Murmeln ging durch die Klas-se. Normalerweise war sie nie krank.
Die Direktorin wandte sich zum Gehen, da meldete sich Niju zu Wort.
„Entschuldigung, aber was hat sie denn?“ Die Direk-torin drehte sich um und sah sie überrascht an. „Ich habe noch nie erlebt, dass eine Schülerin so dringend Unterricht machen wollte, Nijura. Sie ist krank. Und ich würde ihr keinen Besuch abstatten, ihr beiden.“ Damit sah sie uns beide an.
„Ich möchte euch an euren nächtlichen Ausflug in die verbotene Bibliothek erinnern. Das nächste Mal dürft ihr Bücher putzen. Und zwar drei Stunden nach der Schule!“ Damit beendete sie die Unterhaltung und verließ den Raum. Sofort stürzten tausende von Fra-gen auf uns ein.
„Ihr seid wirklich rein gegangen?“
„Wie sieht sie aus?“
„Was habt ihr da gemacht?“
Ich stand auf und zog meine beste Freundin mit mir aus dem Klassenraum. Wir schlugen die Tür hinter uns zu. Man hörte die heftigen Diskussionen bis hierher. Niju war außer sich. „Diese dumme Kuh! Die-ses mit Schlamm triefende Ungeheuer! Diese...“ Ich unterbrach sie, bevor noch ein weiteres Unglück passierte. „Ist ja gut, aber durch Schimpfen wird es nicht besser.“ Niju knurrte noch einmal unwillig, dann hielt sie aber den Mund.
„Was wirklich wichtig ist, ist unsere Janette. Ich glaube nicht, dass sie krank ist. Das würde nicht zu ihr passen, keine Nachricht zu hinterlassen. Lass uns bitte zu ihr gehen.“ Niju sah mich nachdenklich an und blieb stehen.
„Hältst du das für eine gute Idee?“ Ich nickte.
„Oder glaubst du, dass sie das tatsächlich machen würde? Dann können wir ihr einen Tee bringen. Komm!“ Ich zog sie mit und ging los, um Janette aufzusuchen.
An ihrer Tür horchten wir erst einmal. „Ich hör nichts.“, murmelte ich. „Vielleicht schläft sie.“, schlug Niju vor. Ich musste zugeben, das war möglich. Aber ich klopfte. Niju schlug sich die Hand vor die Stirn, ich ignorierte es geflissentlich. Als jedoch auch auf ein weiteres Klopfen keine Reaktion folgte, öffnete ich kurzerhand die Tür.
Drinnen bot sich ein schreckliches Bild.
Es war schrecklich unordentlich. Alles war aus den Schränken herausgerissen und das Bett war aufge-wühlt. Der Stuhl am Tisch war umgefallen, die Schubladen der Schränke herausgerissen, der Inhalt im Zimmer verstreut.
Das Schlimmste war die Wand. Kratzspuren waren dort. Tiefe Schlitze, die Tapete war an einer Stelle so weit herunter gerissen, dass sie in Streifen herunter hing. Ich machte vorsichtig einen Schritt in das Zimmer, Niju folgte mir und schloss die Tür hinter uns.
„Das ist nicht gut.“, stellte sie fest. Ich stimmte ihr zu. „Ganz und gar nicht. Schau dir das an!“ An der Wand war ein mittelgroßer, dunkelroter Fleck.
„Angelina...meinst du, dass ist...“ Ich ging darauf zu. Mein Gefühl sagte mir...
„Ja. Ich glaube schon.“ Niju setzte sich auf den Tisch. „Hier!“ Ich drehte mich um und ging zu ihr. Sie zeig-te auf ein kleines, aber scharfes Messer, dessen Klin-ge rot gefärbt war. Ich nahm es vorsichtig in die Hand. „Vielleicht sollten wir ein bisschen aufräu-men.“, stellte ich fest. Niju fiel fast vom Tisch. „Was? Hast du der Direktorin nicht zugehört?“ Ich sah sie mit funkelnden Augen an. „Hast du dir das hier mal angeschaut?“ Wortlos legte ich das Messer zurück und machte mich ans Bett. Ordentlich faltete ich das Laken und legte die Kleidung, die auf dem Bett lag, erst einmal auf einen Haufen mitten in den Raum. Niju machte ein gequältes Gesicht, half mir aber schließlich.
Nachdem man wieder einigermaßen den Überblick hatte, sah ich mich erst einmal um.
„Ich finde, hier sieht es schon viel ordentlicher aus.“, meinte Niju zufrieden. Ich nickte. „Lass uns mal das Bad anschauen.“ Das wiederum gefiel Niju gar nicht. Sie hielt mich zurück. „Lass es lieber.“ Ich schüttelte ihren Arm ab und ging mit entschlossenen Schritten auf die Tür zu. Mit einem Ruck öffnete ich sie. Und das Bild, das sich mir bot, würde ich nie vergessen. Vor Schreck schrie ich auf.

Innerhalb einer Sekunde stand Niju neben mir und auch ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Die Di-rektorin hatte Recht gehabt. Janette war verhindert. Sie lag, vermutlich bewusstlos in der Badewanne, wo unaufhaltbar das Wasser einlief. Sie trug beinahe nichts, eine kurze Hose, ein Top (und vermutlich auch Unterwäsche). Ihr Kopf lag mittendrin. Auf dem Boden verlief eine klare Blutspur. Ich holte tief Luft und ging auf Janette zu. „Niju, hole bitte die Krankenschwester. So, dass es keiner mitbekommt!“ Niju verschwand aus dem Zimmer. Ich hatte mich noch nie vor Blut geekelt, aber als ich jetzt in die Ba-dewanne sah, musste ich mich doch ein wenig beherr-schen. Es war nicht viel Blut. Aber es sah schlimm aus, wie sie da lag. Völlig verrenkt. Das Wasser hatte beinahe ihren Kopf vollständig überschwemmt. Ich drehte eilig den Hahn zu. Damit war die erste Gefahr gebannt. Ein wenig hilflos sah ich sie an. Schließlich suchte ich den Stöpsel und zog ihn. Mit einem gur-gelnden Geräusch begann das Wasser, abzulaufen. Ich nahm ein Handtuch vom Boden (denn auch im Badezimmer waren Schränke ausgeräumt, Medika-mente lagen auf dem Boden verstreut) und tränkte es mit Wasser. Auf den ersten Blick konnte ich bei Ja-nette keine Wunde entdecken. Vorsichtig hob ich ih-ren Kopf hoch...und hätte ihn beinahe wieder fallen gelassen. Denn ich erblickte die Wunde. An ihrem Herzen war eine große, tief aussehende Wunde. Das Blut floss zwar nicht mehr so schnell, aber es war da.
„Heilige Maria.“, murmelte ich und legte das Hand-tuch darauf. Ich spürte ihren Pulsschlag, mittlerweile wusste ich wieder, was zu tun war. Er schlug, unre-gelmäßig, aber er war da. Erleichtert bettete ich ihren Kopf auf einem weiteren Handtuch und legte mit ein paar anderen das Bett aus. Als ich ins Bad zurück-kehrte, kam Niju, ohne Krankenschwester, wieder ins Zimmer. Ich sah sie fragend an, sie schloss schnell die Tür und schloss ab. „Ich habe sie nicht gefun-den!“, sagte sie verzweifelt. Ich nickte. „Ist schon gut, ich glaube, wir schaffen das.“ Niju folgte mir ins Bad, als allererstes wischte sie mit einem Handtuch das Blut auf.
Schließlich trat sie neben mich. Das Wasser war fast komplett abgelaufen. Ich seufzte. „Wir müssen sie da rauskriegen.“ Niju nickte. Sie beugte sich zu Janette herunter und schob ihre Arme unter ihre Beine. „Auf, hilf mir!“, sagte sie, woraufhin ich Janettes Kopf auf meine Schulter legte und meine Arme dann komplett unter ihren Oberkörper schob.
Niju zählte an. „Eins, zwei...drei!“ Ächzend hoben wir die Verletzte hoch. Als wir sie einigermaßen stabil halten konnten, trugen wir sie mit großer Anstren-gung aus dem Badezimmer und legten sie schließ-lich auf das Bett.
Wir holten mehr Handtücher und trockneten sie, so gut es eben ging.
Schließlich rannte Niju los, um Desinfektionsmittel zu holen, sowie auch Pflaster. Ich fühlte mich wieder hilflos, deswegen arbeitete ich mit den Handtüchern weiter, um mich abzulenken. Wer hatte das getan? Hatte die Direktorin davon gewusst? Was war der Hintergrund für diesen Mordversuch? Wenn Janette keiner gefunden hätte, wäre ihr sicherer Tod das Was-ser gewesen.
Ich feuchtete ein Handtuch an und tupfte vorsichtig die Gegend um die Wunde ab. Janette gab einen klei-nen Laut von ihr. Mit großen Augen starrte ich sie erschrocken an. Sie bewegte sich, ihr Kopf drehte sich zur anderen Seite. Das erleichterte mich ungemein. Schließlich schlug sie die Augen auf. Ich legte das Handtuch weg und sah sie erwartungsvoll an. Sie drehte den Kopf und sah mir mit ungewöhnlich un-sicheren Blicken in meine Augen. „Angelina?“, flüs-terte sie und sah mich ungläubig an. Ich nickte. „Wir haben dich in der Badewanne gefunden.“, sagte ich, da wurde mir erst bewusst, wie bescheuert das klang. Sie sah mich irritiert an und versuchte, sich aufzu-setzen. Ich hielt sie davon ab. „Warte!“ Ich stopfte ihr ein Kissen in den Rücken und half ihr, sich aufzu-setzen. Schließlich saß sie, als sie die Wunde erblick-te, stöhnte sie leise auf und schloss die Augen.
„Niju holt Desinfektionsmittel und so. Was ist denn passiert?“, fragte ich sie schließlich. Janette sprach, ohne mich anzusehen.
„Erzähl ich dir bei Gelegenheit.“ Sie musste unvor-stellbare Schmerzen haben. Ich nickte. „Und was ma-chen wir jetzt?“ Sie öffnete die Augen und sah sich um. Ihre Blicke waren verzweifelt. Obwohl Niju und ich schon eine Menge aufgeräumt hatten und der Stuhl wieder stand, der Blutfleck an der Wand besei-tigt hatten und die Kleidung wieder in die Schränke geräumt hatten, sah es immer noch schlimm aus.
„Angelina...du könntest mir einen großen Gefallen tun.“ Ich sah sie erwartungsvoll an. „Geh bitte an meinen Kleiderschrank und dreh den rechten Knauf viermal nach links.“ Ich sah sie mit gerunzelter Stirn an, stand aber auf und ging zum Schrank. Ich drehte den Knauf viermal gegen den Uhrzeiger-sinn. Janette dirigierte mich weiter. „Ein Mal in die andere Richtung und wieder nach links!“ Ich tat, was sie mir sagte. Und als ich das letzte Mal gedreht hat-te, ging ein Fach auf. Eine Schublade, die man nicht sehen konnte, wenn sie geschlossen war. Darin lag eine Schatulle. Janette atmete erleichtert auf. „Ein Glück, dass die noch da ist.“ Ich sah die Schatulle interessiert an. „Was ist daran denn so besonders?“ Janette lachte leise, aber stöhnte vor Schmerz wieder auf. „Das sage ich dir auch bei Gelegenheit. Würdest du die Schublade wieder schließen? Einfach die Rei-henfolge umdrehen.“ Ich nickte und drehte nach rechts, nach links und viermal nach rechts. Die Schublade schloss sich wieder.
Janette nickte mir zu. „Vielen Dank. Und wenn du kannst...würdest du mir ein Glas Wasser holen?“ Ich stand auf und verschwand ins Bad. Tatsächlich fand ich noch einen Becher und füllte ihn mit Wasser. Damit ging ich wieder zu Janette und reichte es ihr. Sie trank mit schnellen Schlucken.
Da kam Niju ins Zimmer. Als sie Janette erblickte, fiel jegliche Anspannung von ihr ab. „Ein Glück!“ Sie reichte der jungen Frau das Desinfektionsmittel. Janette stellte es aber nebenhin. „Ich habe euch beiden mein Leben zu verdanken!“, stellte sie fest. Niju und ich sahen uns an. „Das hätte doch jeder getan!“, sagte Niju mit erröteten Wangen. Janette legte den Kopf in den Nacken. „Aber nicht jeder wäre geblieben.“, sie zwinkerte mir zu. Ich sah auf den Boden. Zu viele Fragen hatte ich, als die ich sie ihr alle stellen konnte. Vielleicht ergab sich die nächsten Tage eine Möglich-keit, sich mit ihr zu unterhalten.
Niju sah auf die Uhr. „Ich glaube, ich lasse euch besser allein.“, lächelte sie und verließ den Raum. Janette sah mich an. „ich wollte es dir nicht erzählen, weil es Niju vielleicht nicht verstehen würde. Und ich wusste ja nicht, wann sie wiederkommt.“ Ich nickte. „Ja, ver-ständlicherweise.“ Janette sah mich an und fing an. „Dann stell mal deine Fragen.“
Ich fing an. „Weißt du, wer das da war?“ Ich deutete vage auf ihre Wunde. Janette setzte sich auf.
„Ja. Und ich kann es dir nicht sagen.“ Ich seufzte. „Na gut. Und warum sind sie gekommen? Hat es was mit meinen Eltern zu tun?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Wie kommst du darauf?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Du scheinst ja regen Kontakt zu ihnen zu haben. Und meine Mutter hat bestimmt nicht nur Feinde.“ Janette sah so aus, als ob sie sich ein Lachen verkneifen musste.
„Du kommst sehr nach ihr. Aber ja, du hast Recht.“ Ich sah sie mit großen Augen an.
„Und du darfst es mir nicht sagen?“
„Nicht hier.“, sagte Janette knapp. „Übrigens habe ich ein Kleid für dich.“ Meine Augen wurden noch grö-ßer. „Wofür?“ Janette lächelte. „In einigen Dörfern kleiden sich die Vampire wie im Mittelalter, da dies die aktivste Zeit war. Und da darfst du nicht auffal-len!“ Sie stand mühevoll auf. Ich stützte sie, aber sie winkte ab. „Du musste nur die Matratze hoch heben.“ Ich sah sie verdutzt an. Wie bitte? Ich wusste ja, dass sie ein wenig „crazy“ war, aber so? Ich hob die schwere Matratze hoch. Tatsächlich, darunter war ein Kleid. Ich hob es vorsichtig hoch und ließ die Matratze zu-rückfallen. Janette legte sich wieder hin. „Halt es mal an.“ Ich faltete es auseinander. Es war hellblau, bei-nahe türkis und lang. Der Ausschnitt war nicht groß, eher mittelgroß und eckig. Die Ärmel waren bis zum Ellenbogen eng, dann wurden sie ein wenig weiter. Insgesamt reichten sie bis zur Mitte des Un-terarmes. Bewundernd betrachtete ich es. Janette nick-te zufrieden. „Ich glaube, das passt.“ Ich nickte. „Glaub ich auch. Woher hast du das? Das war doch bestimmt teuer!“ Janette lächelte. „Nein, das habe ich umsonst bekommen.“ Ich sah sie mit erwartungsvol-len Augen an. „Von meinen Eltern?“ Janette nickte. „Es hat früher deiner Mutter gehört, ja.“ Ich drückte es an mich. „Hat sie es oft getragen?“ Janette nickte. „Es war eines ihrer Lieblingskleider.“ Ich drückte es noch enger an meine Brust, dann fiel mir aber eines auf.
„Janette, woher weißt du so viel von ihnen?“ Ich setzte mich aufs Bett. „Du erzählst so viel von ihnen, aber ich weiß nicht mehr, was ich davon halten soll.“, sagte ich. Janette nickte verständnisvoll.
„Ich kann dich gut verstehen. Aber im Moment kön-nen wir hier nicht gut reden.“
Ich seufzte. „Dann kann ich mir meine anderen Fra-gen sparen.“ Janette lächelte. „Wir finden einen Zeit-punkt zum Reden, ich bin mir ganz sicher.“ Ich nickte. „Gut.“ Ich sah auf das Kleid.
„Nimm es erst einmal mit. Ich glaube, bei dir ist es besser aufgehoben!“, sagte Janette. Ich nickte. „Mach ich. Und ruh dich gut aus!“, sagte ich zu ihr. Sie grinste und schob mich vom Bett weg. „Ich komme schon zurecht. Geh schon!“ Ich ging widerwillig zur Tür, doch kurz bevor hielt ich an. „Grüß meine Eltern von mir.“, dann verschwand ich in unser gemeinsa-mes Zimmer. Dort angekommen musste ich mich erst einmal gründlich ausheulen, während Niju hilf-los neben meinem Bett stand und versuchte, ein ver-nünftiges Wort aus mir heraus zu kriegen, was ihr aber misslang. „Angie, es geht ihr doch gut!“ Ich heulte weiter. Es ging mir nicht um Janette. Es ging mir um meine Familiensituation. Eine Lehrerin wur-de fast umgebracht, weil sie mit meinen Eltern kommuniziert. War das nicht unfair?
Schluchzend warf ich mich in meine Kissen. Ir-gendwann spürte ich, wie mich jemand in den Arm nahm. „Angie.“ Ich wurde hoch gezogen und fand mich in den Armen meines Freundes wieder. Er zog mich an sich und ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust. „Was ist denn los?“ Ich versuchte, mich zu be-ruhigen. Nach einem Glas Wasser klärte ich Nico grob über die Zusammenhänge auf. Er nickte ver-ständnisvoll. Schließlich streichelte er meinen Arm. „Aber wenn du sie siehst, ist doch alles gut.“ Ich schüttelte gereizt den Kopf. „Janette ist fast ermordet worden! Und nur, weil sie mit meinen Eltern kom-muniziert!“, schrie ich wütend. Niju zuckte zusam-men, aber darauf konnte ich gerade keine Rücksicht nehmen.
„Könnt ihr euch nicht vorstellen, wie das ist?“ Nico zog mich wieder an seine Brust. „Es geht ihr aber gut.“ Ich nickte. Und plötzlich war ich wieder traurig und fing erneut an zu weinen. Nico nahm mich in en Arm. Ich schniefte leise.
„Ich würde so gerne schnell meine Eltern kennen ler-nen.“, murmelte ich leise und kuschelte in seine Ar-me.
Niju setzte sich neben mich und strich über meinen rechten Arm. „Du siehst sie bestimmt bald.“, versuchte sie mich zu trösten. Ich nickte, mein Blick fiel auf das Kleid. Ich hob es auf und betrachtete es nachdenk-lich. Niju strich darüber. „Und wozu brauchst du das?“ Ich musste leicht lächeln.
„Vampire leben in manchen Dörfern so ähnlich wie im Mittelalter. Und damit ich nicht auffalle, muss ich das anziehen, wenn ich meine Eltern besuche.“ Nico streichelte mir über den Rücken. „Zieh es doch mal an!“, schlug er vor. Ich sah ihn misstrauisch an.
„Warum?“ Nico grinste. „Das lenkt dich bestimmt ab!“ Ich verdrehte die Augen. „Dich interessiert doch nur der Ausschnitt, oder?“, fragte ich ihn mit einem leisen Seufzen. Nicht, dass es mir nicht gefiel...
Ich nahm das Kleid und stand auf, um mich im Bad umzuziehen. Nico folgte mir sofort. Kurz vor der Tür drehte ich mich rasch um, woraufhin er wie elektri-siert stehen blieb. Ich grinste und tauschte einen Blick mit Niju, bevor ich rückwärts ins Bad ver-schwand und die Tür mit einem Schwung zuknallte.
Während Niju draußen Nico auslachte, zog ich mich mit einem Dauergrinsen an. Das wechselte sich aber bald in einen missbilligenden Gesichtsausdruck, als ich feststellen musste, dass das Kleid sich nur durch eine Schnürung am Rücken schließlich ließ.
„Nico...“ Sofort ging die Tür auf und der Junge stand vor mir. Er musterte mit einem sanften Lächeln das Kleid und trat wortlos an meinen Rücken. Anschei-nend hatte er schon kapiert. Er fing an, die Schnü-rung zu schließen. Im Spiegel sah ich sein konzent-riertes Gesicht, während ich meine Haare beiseite hielt. Nach einer Weile sah er mich an, seine Stirn war in Falten gelegt. „Im Mittelalter hatten sie bestimmt ei-nen sehr langen Geduldsfaden!“, stellte er fest. Ich drehte mich ein wenig um ihm einen Kuss zu geben. „Dann hast du schon mal Übung darin, wenn ich endlich gehen kann, werde ich wieder auf dich zu-rückgreifen!“, grinste ich und drehte mich wieder zu-rück. Nico seufzte und machte weiter.
Kurz darauf trat ich mit dem Kleid aus dem Bade-zimmer, um mich Niju zu präsentieren. Nico folgte mir und legte seine Hände auf meine Schultern, was mich ungemein beruhigte.
„Und?“, fragte ich Niju. „Wie sehe ich aus?“
Niju stand auf und strich vorsichtig hier und da ein paar Falten glatt. Dann trat sie einen Schritt zurück und musterte das Kleid genau.
„Es steht dir sehr. Als wärst du darin geboren!“, sagte sie mit einem anerkennenden Blick. Ich drehte mich mit einem strahlenden Lächeln zu Nico. Er strich ü-ber meine Wange. „Wie ein Engel!“, sagte er sanft und küsste mich.


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Beitrag  Carlos05 Mi Jul 04, 2012 9:01 am

schreihb weiter!

Carlos05

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Beitrag  pacha Mi Jul 04, 2012 9:05 am

ich les mir des durch wenn ich zeit hab.....der prolog is scho mal total geil und gut !! Very Happy Very Happy cheers
pacha
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